Bures: "Sind nicht in der Pole Position"

Doris Bures.
Die zweite Nationalratspräsidentin fordert ÖVP-Obmann Sebastian Kurz auf, das Vertrauen wieder herzustellen.

Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures glaubt trotz schlechter Umfragen nach wie vor an ein respektables SPÖ-Ergebnis bei der Nationalratswahl. "Wir sind nicht in der Pole Position, aber wir werden in der letzten Woche noch aufs Gas steigen", sagte die Listenzweite im APA-Interview. Sie stellte sich voll und ganz hinter Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner und fordert ÖVP-Obmann Sebastian Kurz auf, das Vertrauen wieder herzustellen.

Bures zeigte sich überzeugt, dass Rendi-Wagner "die Richtige, zur richtigen Zeit am richtigen Platz" sei. Unabhängig vom Wahlergebnis ist für Bures klar, dass die SPÖ für die nächsten Jahre mit Rendi-Wagner "gut aufgestellt" ist. Sie sei zwar überzeugt von einem guten Wahlergebnis, sollte ein solches aber doch nicht eintreten, dann wäre es "das Allerletzte, sich an der Vorsitzenden abzuputzen. Das kommt überhaupt nicht in Frage." Rendi-Wagner habe als erste Frau an der Spitze der Sozialdemokratie einen schwierigen Start gehabt, unter schwierigsten Voraussetzungen habe sie alle Hürden genommen. Deshalb habe sie "ihre größte Bewunderung", sagte Bures.

Den Wahlkampf sowohl der SPÖ als auch von Rendi-Wagner selbst verteidigte die Zweite Nationalratspräsidentin. Dass es in einer so großen Bewegung in Nuancen unterschiedliche Aussagen gebe, sei normal, in den Grundwerten gebe es aber keinen Dissens. Und eine Message Control wie in der ÖVP wünsche sie sich nicht, betonte Bures. Auch die jüngste Attacke Rendi-Wagners gegen Kurz in der letzten TV-Konfrontation verteidigte Bures. Wenn Rendi-Wagner sagt, sie habe gehört, dass Kurz seinem Pressesprecher gebeten habe, Medien über den Fieberschub von FPÖ-Obmann Norbert Hofer zu informieren, dann sei das "sicher so gewesen". Bures glaubt, dass sich Kurz "in der Opferrolle" sehen wolle.

Die Einschätzung, dass Rendi-Wagner damit die Brücken für eine mögliche Koalition mit der ÖVP abgebrochen habe, teilt Bures nicht. Es liege an Kurz das Vertrauen wieder herzustellen, meinte die Zweite Nationalratspräsidentin. Sie verwies darauf, dass der Nationalrat dem Altkanzler und seiner Regierung das Vertrauen versagt habe, deshalb sei es keine Frage von SPÖ oder ÖVP, sondern es liege an der Person Kurz. Grundsätzlich habe jene Person, die mit Regierungsverhandlungen betraut werde, eine vertrauensvolle Basis herzustellen.

Für den Wahlkampf generell konstatierte die Zweite Präsidentin "das Bemühen aller Parteien, von Schmutzkübelkampagnen Abstand zu nehmen, auch wenn das nicht immer gelungen" sei. Allerdings habe sie einen "Unterschied zwischen Sein und Schein" festgestellt - etwa indem Türkis-Blau nach außen große Harmonie und engste Verbundenheit demonstrierten. Das habe mit der Realität wenig zu tun gehabt. Bures hofft, dass dieses "gescheiterte Projekt" nicht wiederbelebt wird, weil mit der FPÖ "kein Staat zu machen" sei.

Das derzeitige freie Spiel der Kräfte im Nationalrat lobte die Zweite Nationalratspräsidentin als Ausdruck eines selbstbewussten Parlaments, das gut arbeite. Es seien viele positive Beschlüsse mit unterschiedlichen Mehrheiten gefasst worden, wobei hier nicht etwaige Bündnisse herbeizureden seien. Besonders erfreulich ist für Bures der Beschluss für die Doppelstaatsbürgerschaften für Nachfahren von NS-Opfern.

Für "sehr wahrscheinlich" hält die Zweite Präsidentin in der neuen Legislaturperiode einen weiteren Untersuchungsausschuss zum Thema BVT. Sie verwies darauf, dass die Arbeit wegen der Neuwahl in Folge der Ibiza-Krise nicht beendet und die Untersuchungen zu schwarzen Netzwerken nicht abgeschlossen worden seien. Ob der Ibiza-Skandal dann auch untersucht werde, obliege dem neuen Nationalrat. Grundsätzlich hat sich für Bures bestätigt, dass der U-Ausschuss als Minderheitenrecht eines der stärksten und wichtigsten Instrumente des Nationalrates sei.

Im Präsidium des Nationalrates würde Bures auch nach der Wahl gerne bleiben. Wenn sie wieder in den Nationalrat gewählt werde und dann auch als Präsidentin wieder eine Mehrheit bekommen sollte, würde sie das "mit großer Leidenschaft wieder tun", sagte Bures, die sich selbst als "leidenschaftliche Parlamentarierin" bezeichnete.

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