Van der Bellen und Hofer im TV über EU und Asylpolitik
Sowohl der Präsidentschaftskandidat der Grünen, Alexander Van der Bellen, als auch der Kandidat der FPÖ, Norbert Hofer, stellten sich im Rahmen von zwei ORF-Pressestunden den Fragen der Journalisten.
So nutzte der er in den meisten Umfragen vorne liegende Hofburg-Anwärter Van der Bellen die Gelegenheit, um die Asylverschärfungen der Regierung zu kritisieren. Van der Bellen sagte, er sehe es als "extrem kritisch", wenn die Regierung von sich aus einen Notstand erklären könne. Er selbst bezweifelt, dass es in Österreich bereits einen solchen Notstand gibt. Es seien zwar in Vorarlberg schon in jeder Gemeinde Flüchtlinge aufgenommen worden, für ganz Österreich gelte das aber noch nicht, so Van der Bellen.
Als Knackpunkt in den geplanten Asylverschärfungen sieht der grüne Kandidat die Prüfung des individuellen Asylrechts, die Registrierungen an der Grenze seien hingegen nicht das Problem. Schon "entsetzt" war Van der Bellen allein über die Frage, wie er als Oberbefehlshaber des Bundesheeres zu Tränengaseinsatz und Schusswaffengebrauch als ultimo ratio stehe.
Van der Bellen erinnerte auch daran, dass die Menschenrechtskonvention in der österreichischen Verfassung stehe, über die man nicht so einfach "drüberfahren" könne. Als Präsident würde er in der Obergrenzen-Debatte die "besten Verfassungsjuristen in die Hofburg bitten". Zur Frage, ob Österreich mit den Flüchtlingen überfordert ist, würde Van der Bellen alle zwei Wochen mit dem Flüchtlingskoordinator der Regierung, Christian Konrad, sowie mit den Hilfsorganisationen sprechen.
"Gebilde der Europäischen Union droht zu zerbröseln"
Fragen dazu, wie er die Asylpolitik gestalten würde, wich Van der Bellen aus. "Der Bundespräsident ist nicht der Ersatz-Innenminister." Er nahm in dem Zusammenhang aber auch die anderen EU-Mitgliedsstaaten in die Verantwortung, diese müssten "sich endlich am Riemen reißen". Ein Grundproblem der EU sei die "Überbetonung des Rates". Angesicht der aktuellen Beschlussunfähigkeit der EU, drohe das "Gebilde der Europäischen Union zu zerbröseln", sagte Van der Bellen. Und dann habe "unser Freund in Moskau ein leichtes Spiel".
Van der Bellen versteht Putin
In der Krim-Frage stellte sich Van der Bellen aber hinter den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Angesichts der Situation im schwarzen Meer verstehe er, dass Russland so gehandelt hat. "Ich möchte nicht wissen, das die USA vorgegangen wären". Aus Van der Bellens Sicht ist nicht die Krim, sondern die Ostukraine der Grund für Russland-Sanktionen der EU. Er nahm auch die Ukraine in die Pflicht in dieser "sehr verfahrenen Situation". Van der Bellen sagte, es gebe "keinen hinreichenden Grund von Sanktionen abzugehen". Gleichzeitig betonte er, dass Russland auch ein europäisches Land sei. "Tun wir nicht so, als ob das ein Fremdkörper wäre", forderte Van der Bellen.
Der bevorstehende Ämterabtausch zwischen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und den niederösterreichischen Landeshauptmann-Stellvertreter Wolfgang Sobotka (beide ÖVP) sieht Van der Bellen als "normale Rochade in einer Regierungspartei". Einen "gewichtigen Grund", Sobotka nicht als Minister anzugeloben, sieht Van der Bellen nicht. Zudem liege das Vorschlagsrecht beim Bundeskanzler.
Seine Position, die FPÖ als stimmenstärkste Partei nicht automatisch mit der Regierungsbildung zu beauftragen, verteidigte Van der Bellen. "Selbst wenn die FPÖ ein Drittel der Mandate hat, heißt das noch immer, das die anderen Parteien zwei Drittel haben". Eine absolute Mehrheit der FPÖ bei der nächsten Nationalratswahl schloss Van der Bellen aus.
Hofer würde gegen EU-Beitritt stimmen
FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer hat freilich seine Ablehnung gegenüber der EU bekräftigt. "Wenn Österreich heute nicht Mitglied wäre und beitreten wollte, würde ich mit Nein stimmen", sagte er in der "Pressestunde" des ORF. Als Präsident würde er sein Porträt nicht in den Schulen aufhängen lassen. Seine Pistole ins Amt mitzunehmen, schloss er trotz Waffenpasses aus.
"Ich kann ja nicht Hustinettenbär hinschreiben"
Gleich zu Beginn verteidigte er sich gegen die Kritik, dass er sich bereits als "Bundespräsident" plakatieren lasse. Man habe das juristisch abklären lassen, es sie keine Amtsanmaßung, und, so Hofer: "Ich kann ja nicht Hustinettenbär hinschreiben." Seine Ausdrucksweise im Wahlkampf - "Nichts und niemand kann uns aufhalten", oder die Titulierung Alexander Van der Bellens als "faschistischer grüner Diktator" - verteidigte er. "Ich sage die Dinge so, wie sie sind, weil die Menschen vom Politsprech wirklich die Nase vollhaben." Und: "Den Kuschelfaktor habe ich nur zu Hause."
Die Europäische Union sah Hofer auf dem falschen Weg. Dem Argument, dass gerade das Burgenland als sein Heimatbundesland extrem von Österreichs Mitgliedschaft profitiert habe, hielt er den Nettozahlerstatus des Landes entgegen. Entschieden wandte er sich erneut gegen die Annäherung der Union an die Türkei, und auch die Positionen zu Asyl und Zuwanderung hielt er aufrecht. "Ich sage, ich möchte, dass Österreich nicht ein Einwanderungsland ist", so Hofer.
Als Bundespräsident würde Hofer seine Rolle sehr aktiv anlegen. Wenn man die Möglichkeiten der Verfassung nutze, kraftvoll auftrete und klar nach einer Linie verlange, werde auch der Zuspruch zu dem Amt stärker werden, zeigte er sich überzeugt. Selber wolle er sich nicht für mehr Vollmachten des Bundespräsidenten einsetzen. Wenn, dann müsste eine solche Initiative aus der Bevölkerung kommen, meinte er zu - in der FPÖ ventilierten - Überlegungen, das Präsidentenamt mit jenem des Bundeskanzlers zusammenzulegen.
Präsident Hofer würde die Linie der Regierung ändern
Eine Änderung der Linie der Bundesregierung würde es allein dadurch geben, dass er zum Bundespräsidenten gewählt werde so Hofer. Schon jetzt zeige sich ja, dass das passiere. Die Große Koalition könnte aus seiner Sicht schon früher Geschichte sein; nämlich dann, wenn es weder ein Kandidat von SPÖ noch ÖVP in die Stichwahl schafft. Wolfgang Sobotka (ÖVP) als neuen Innenminister würde er angeloben, und auch bei einer Regierungsneubildung würde er nicht sagen, dass ihm dieser oder jener Kandidat für ein Ministeramt nicht gefalle. "Zuerst ist immer der Kanzler gefragt", sagte Hofer.
Seiner Burschenschaft, die in einer Festschrift die "geschichtswidrige Fiktion einer österreichischen Nation" beklagt hatte, widersprach er. "Für mich ist Österreich von meinem Gefühl her eine Nation." Es gebe einen deutschen Sprach- und Kulturraum, aber "mein Vaterland ist Österreich". Er verwies auch auf das gute Zusammenleben der Volksgruppen im Burgenland, im Übrigen seien dies "Kinkerlitzchen, ein Minithema".
Nächster Spitzenkandidat der FPÖ, sollte er es nicht in die Präsidentschaftskanzlei schaffen, will er nicht werden. Er wolle nur diese Wahl gewinnen, und die FPÖ habe mit Heinz-Christian Strache einen sehr guten Bundesobmann, so Hofer.
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