64 Prozent wählten Van der Bellen, um Hofer zu verhindern

64 Prozent wählten Van der Bellen, um Hofer zu verhindern
Das geht aus einer Erhebung der Politikwissenschaftler Fritz Plasser und Franz Sommer hervor.

Ein zentrales Motiv der Wähler bei der Bundespräsidentschaftswahl war, den jeweils anderen Kandidaten zu verhindern. Das geht aus einer Erhebung der Politikwissenschaftler Fritz Plasser und Franz Sommer hervor. Demnach begründeten 64 Prozent der Wähler von Alexander Van der Bellen ihre Wahl damit, Norbert Hofer verhindern zu wollen. Unter dessen Wählern war dies für 43 Prozent das zentrale Motiv.

Der Forschungsbericht stützt sich auf eine von GfK Austria durchgeführte Online-Umfrage unter 1.000 deklarierten Hofer- bzw. Van der Bellen-Wählern (Durchführungszeitraum noch vor der Wahl zwischen 28. November und 2. Dezember). Neben dem Motiv der Verhinderung des jeweils anderen war die zweite Antwort-Möglichkeit, dass man vom jeweiligen Kandidaten persönlich überzeugt ist. Bei Hofer-Wählern war dies zu 57 Prozent der Fall, bei Van der Bellen-Wählern zu 36 Prozent.

64 Prozent wählten Van der Bellen, um Hofer zu verhindern
Zentrale Beweggründe der Wähler für die Wahl von Hofer bzw. Van der Bellen - Säulengrafik GRAFIK 1320-16, 88 x 58 mm

Hofer würde dem Ansehen Österreichs schaden

Jene Wähler van der Bellens, die Hofer als Präsident verhindern wollten, begründeten dies (offene Befragung ohne vorgegebenen Antwortmöglichkeiten) zu 32 Prozent damit, dass Hofer "zu rechte (extreme) Ansichten hat und rechtes Gedankengut vertritt". 20 Prozent waren der Meinung, dass Hofer dem Ansehen Österreichs im Ausland schaden würde. Für weitere 16 Prozent ist die Tatsache, dass Hofer FPÖ-Kandidat war, der ausschlaggebende Grund. Weitere Motive, Hofer zu verhindern war laut Van der Bellen-Wählern, weil Hofer "Populist und Demagoge ist" (8 Prozent) und "weil er eine FPÖ-Regierung einsetzen würde" (7 Prozent).

Bei jenen Hofer-Wählern, die Van der Bellen verhindern wollten, begründeten dies 28 Prozent damit, dass Van der Bellen Grüner Kandidat sei. Weitere 27 Prozent fanden den Ex-Grünen "zu alt", 19 Prozent erschien er "unsympathisch". Auch die Begründungen "unehrlich und unglaubwürdig" (13 Prozent) und "abgehoben und nicht volksnah" kamen oft vor (12 Prozent). Hofer-Wähler begründeten ihre Ablehnung Van der Bellens aber auch damit, dass dieser eine "falsche Ausländerpolitik vertritt und sich für Asylanten einsetzt" (11 Prozent).

Van der Bellen trete "ruhig und besonnen" auf

Hauptmotiv für die überzeugten Anhänger Van der Bellens war, dass dieser "im Ausland Ansehen genießt und ein guter Staatsmann wäre" (28 Prozent), er "für das Amt des Bundespräsidenten gut geeignet ist" (16 Prozent), er "ruhig und besonnen auftritt" und "weil er kompetent und gescheit ist" (je 14 Prozent).

Unter Hofers Anhängern ist dessen Alter das stärkste Pro-Argument, 17 Prozent nannten dies als Motiv ("weil er jung/der jüngere Kandidat ist"). Für 16 Prozent ist der FPÖ-Kandidat vor allem "sympathisch" bzw. wird dessen "ruhige/besonnene Art" als Wahlmotiv genannt. Ebenfalls ein starker Beweggrund (für 15 Prozent): "Weil er für das Amt geeignet ist, ein gutes Auftreten hat, über Charakter und Persönlichkeit verfügt." Zehn Prozent wählten Hofer, weil er "für Österreich eintritt, die Heimat in den Vordergrund stellt".

Misstrauen gegenüber Politik unter Hofer-Wählern größer

Das Misstrauen gegenüber Politikern und politischen Parteien ist unter jenen Wählern, die für Hofer gestimmt haben, höher als unter Alexander Van der Bellens Wählern. Laut der präsentierten Studie stehen 90 Prozent der Hofer-Wähler der Politik reserviert bis misstrauisch gegenüber.

Aber auch insgesamt ist das Image der Politik kein besonders gutes: Nur 18 Prozent der Wähler vertrauen der Politik im Großen und Ganzen. Eine Mehrheit von 57 Prozent hingegen hat nur wenig Vertrauen in die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit der politischen Eliten, 24 Prozent haben gar kein Vertrauen. Unter Hofer-Wählern ist die Skepsis besonders groß - nur jeder Zehnte vertraut in die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit der Politiker, 90 Prozent sind skeptisch. Unter den Van der Bellen-Wählern sind mit 60 Prozent die reserviert eingestellten aber ebenfalls in der Mehrheit, zehn Prozent zeigten generelles Misstrauen.

Von jenen 18 Prozent der Wähler, die der Politik im Großen und Ganzen vertrauen, gaben 76 Prozent Van der Bellen ihre Stimme. Unter den 57 Prozent, die insgesamt nur "wenig Vertrauen" haben, waren 57 Prozent (sic!) Van der Bellen-Wähler, 43 Prozent wählten FP-Kandidat Hofer. Von jenen 24 Prozent, die der Politik überhaupt nicht vertrauen, gaben 73 Prozent Hofer ihre Stimme, nur 27 Prozent Van der Bellen.

Funktionstüchtigkeit der österreichischen Demokratie

Ein ähnlich differenziertes Bild zeigte sich bei der Beurteilung der Funktionstüchtigkeit der österreichischen Demokratie. Während 70 Prozent der Van der Bellen-Wähler mit dem Funktionieren der Demokratie mehr oder weniger zufrieden sind, zeigten sich 61 Prozent der Hofer-Wähler unzufrieden. Unter den Zufriedenen wählten 68 Prozent den Ex-Grünen-Chef; die nicht besonders bis überhaupt nicht Zufriedenen wählten hingegen zu 65 Prozent den blauen Kandidaten.

Auch die Einstellung der Wähler zum Thema Asyl und Migration wurde abgefragt. Hier zeigte sich ein insgesamt überwiegend kritisches Meinungsbild. Zwei Drittel der Wähler sind der Meinung, dass die Möglichkeiten, weitere Flüchtlinge aufzunehmen, erschöpft sind. Van der Bellens Wählerschaft ist in dieser Frage gespalten. Eine Hälfte ortet noch Kapazitäten, die andere Hälfte nicht. Von Hofers Wählern sehen insgesamt 95 Prozent keine Möglichkeit mehr, weitere Flüchtlinge aufzunehmen. Ebenso viele Wähler des FPÖ-Kandidaten befürworten Obergrenzen bei der Flüchtlings-Aufnahme. Unter Van der Bellen-Wählern sind 60 Prozent für dieses Maßnahme, 35 Prozent lehnen Derartiges ab.

Hofer-Wähler: Finanzielle Situation verschlechtert

Unterschiede zeigten sich u.a. auch in der Einstellung der Wähler zur EU. Drei Viertel der Van der Bellen-Wähler beurteilen Österreichs Mitgliedschaft in der Union positiv, unter Hofers Wähler sieht hingegen nur jeder dritte Wähler mehr Vor- als Nachteile. Wähler, die der EU positiv gegenüber stehen, wählten zu drei Viertel Van der Bellen. Umgekehrt stimmten drei Viertel jener Wähler, für die die Nachteile der EU überwiegen, für Hofer. Unter jenen 65 Prozent der Wähler, die für den Verbleib Österreichs in der EU eintreten, stimmen 72 Prozent für Van der Bellen. Bei den Austritts-Befürwortern war Hofer mit 83 Prozent in der Wählergunst klar vorne.

Und auch die subjektiv empfundene finanzielle Situation hatte offenbar Auswirkungen auf der Wahlverhalten. Für jeden zweiten Hofer-Wähler hat sich laut der Erhebung die persönliche finanzielle Situation in den letzten Jahren verschlechtert, während nur jeder vierte Van der Bellen-Wähler diesen Eindruck hatte.

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