Van der Bellen gegenüber Dreier-Koalition aufgeschlossen

Van der Bellen gegenüber Dreier-Koalition aufgeschlossen
Der Bundespräsident will bei der künftigen Regierungsbildung neue Wege gehen, wenn es das Wahlergebnis nahelegt.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen lud am Dienstag zu Mittag zu einem Mediengespräch in die Hofburg. Zweck der Zusammenkunft ist, die ereignisreichen Tage nach dem 17. Mai, dem Erscheinen des Ibiza-Videos, noch einmal zu rekapitulieren und einen Ausblick auf die kommende Regierungsbildung zu geben.

Alexander Van der Bellen ruft zu Beginn die Ursache für die innenpolitischen Turbulenzen in Erinnerung: die Aussagen von Ex-FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache und Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus auf dem Ibiza-Video.

50 Prozent der Krone verkaufen zum Zweck, sie im Wahlkampf zu instrumentalisieren. Eine Baufirma von öffentlichen Aufträgen ausschließen, stattdessen die Aufträge zum Überpreis an eine Oligarchennichte zu vergeben, zum Schaden der Steuerzahler. Wasser privatisieren. Spenden am Rechnungshof vorbeischleusen. "Nicht vergessen, das sind die Ursachen", erinnert der Bundespräsident.

Vertrauen sichern

Dann kommt Alexander Van der Bellen zu den Ereignissen danach: Die Entlassung von Innenminister Herbert Kickl. Der Rücktritt der gesamten FPÖ-Regierungsfraktion. Das Misstrauensvotum gegen die von Sebastian Kurz geführte und anstelle der FPÖ mit Experten aufgefüllte Regierung. Das Betrauen von Brigitte Bierlein mit der Bildung einer Beamtenregierung.

"Bei all dem war mir immer wichig: Für das Funktionieren der Institutionen zu sorgen. Die Bevölkerung zu informieren. Und das Vertrauen der Bevölkerung in die Institutionen zu sichern", sagt Van der Bellen.

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Abkühlung, so weit möglich

Die jetzige Regierung sei, wie beabsichtigt, eine "Vertrauensregierung" geworden, lobt Van der Bellen. Es sei "gelungen, die aufgeheizte innenpolitische Situation so weit abzukühlen, wie es in einer Vorwahlphase möglich ist". Es sei ihm aber bewusst, dass die Beamtenregierung ein Ablaufdatum habe, da sie über keine automatische Mehrheit im Parlament verfüge und keine großen politischen Weichenstellungen vornehmen könne.

Bei der kommenden Regierungsbildung gibt sich Van der Bellen aufgeschlossen gegenüber neuen Zweier-Konstellationen oder einer Dreierkoalition. Angesprochen auf eine mögliche erstmalige Regierungsteilnahme seiner Ex-Partei, der Grünen, oder einer Dreiervariante, meint Van der Bellen: "Mit Sicherheit" könne es neue Zweierbündnisse geben. Und: "Es steht nicht in der Verfassung, dass es keine Dreierkoalition geben darf."

Keine Aussage zur FPÖ

Zu einer neuerlichen Regierungsbeteiligung der FPÖ bzw. einer Angelobung von Herbert Kickl als Minister lässt sich Van der Bellen nichts entlocken. "Ich habe bei der letzten Regierungsbildung gezeigt, dass ich meine Überzeugungen nicht über Bord werfe, und dennoch versuche, ein neutraler Präsident zu sein." Vor dem Wahltag und dem Vorliegen des Wahlergebnisses werde er Personen nicht als ministrabel oder nicht-ministrabel qualifizieren.

Im Interview mit der "ZiB2" schloss er am Dienstagaben schließlich aus, Kickl erneut als Innenminister anzugeloben.

Mahnung für Rendi-Wagner

Im laufenden Wahlkampf hofft Van der Bellen auf die Einsicht der Parteien, dass sie am Tag nach der Wahl miteinander gesprächsfähig sein müssen. "Bei aller Zuspitzung im Wahlkampf bin ich zuversichtlich, dass den Parteien bewusst ist, dass es einen Tag nach dem 29. September gibt."

Was wäre ein Bundespräsidentengespräch ohne Mahnungen? Eine gibt es für Pamela Rendi-Wagner und deren Misstrauen gegenüber dem Rechnungshof. Van der Bellen: "Ich würde alle bitten, nicht etwas zu sagen, das das Vertrauen in die Institutionen schlechthin untergräbt. Es gibt keinen Grund, dem Rechnungshof Vorschuss-Misstrauen entgegen zu bringen."

Tempo bei Kommissar

Die zweite Mahnung geht an die Regierung: Bei den Gesprächen über den EU-Kommissar "darf man sich nicht zu viel Zeit lassen", denn sonst bliebe für Österreich kein wichtiges Dossier mehr übrig. Dass die ÖVP aus dem EU-Wahlergebnis einen Anspruch auf den Kommissarsposten ableitet, teilt Van der Bellen nicht, denn der EU-Kommissar sei kein Vertreter Österreichs, sondern Mitglied der EU-Regierung.

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