Wie junge Männer zum Problem für Bundesheer und Gesellschaft werden

Ein Mann trainiert an einem Gerät, während ein anderer an einem Computer arbeitet.
Jung, männlich - und nicht belastbar: Der Gesundheitszustand der jungen Männer wird zunehmend zum Problem. Gibt es einen Corona-Effekt?

Österreichs junge Männer sind ganz schöne Brummer geworden. Kann man das so sagen? Angesichts der Zahlen, die Institutionen wie die  Statistik Austria und das Bundesheer Jahr für Jahr sammeln, lautet die Antwort: Ja, man kann. 

Was ist mit "Brummer" gemeint?

Die physische Fitness der 18-Jährigen hat über die Jahrzehnte messbar und stetig abgenommen.

Dazu nur einige Zahlen: Im Vergleich zu jenen Männern, die 1972 geboren worden sind, hat das durchschnittliche Gewicht eines heute 20-Jährigen (Jahrgang 2005) um nicht weniger als sieben Kilogramm zugenommen. Der Anteil der Fettleibigen (Body Mass Index jenseits von 30, Anm.) hat sich in diesen Kohorten von drei auf mittlerweile mehr als elf Prozent mehr als verdreifacht; und der so genannte WHtR-Wert (er misst die Verteilung des Körperfettes, Anm.), ist bei jedem vierten jungen Herren in einem medizinisch problematischen Bereich.

Ganz allgemein lässt sich sagen: Jeder fünfte junge Österreicher ist körperlich und/oder psychisch derart beeinträchtigt, dass er nicht wirklich belastbar ist, sprich: Er ist nicht tauglich, muss also weder Wehr- noch Zivildienst leisten. Die Untauglichkeitsrate bewegt sich seit 2020 konstant zwischen 19 und 21 Prozent, Anfang der 1970er lag man noch deutlich unter der 10-Prozent-Marke. 

Corona-Effekt

Was den Ärzten des Militärs auffällt, ist ein möglicher Corona-Effekt: Der Anteil der aus psychologischen Gründen als "untauglich" beurteilten jungen Männer ist - gemessen an der Gesamtzahl der Untauglichen - seit 2020 um vier Prozent gestiegen (von 36 auf 40 Prozent). Soll heißen: Vier von zehn Männern sind aus psychischen Gründen nicht fit für den Dienst an der Waffe. Insgesamt ist die Zahl der mental Kranken auf dem Vormarsch: Haben die Ärzte des Heeres beim Geburtsjahrgang 1990 noch bei 17,8 Prozent der Stellungspflichtigen den Vermerk "Psychische und Verhaltensstörungen" gemacht, ist es beim Geburtsjahrgang 2005 schon fast jeder Dritte (30,88 Prozent).

Bundesheer, Stellung, Gesundheit

Entgegen der landläufigen Meinung ist die auffallend bescheidene Gesundheit der männlichen Österreicher freilich nicht allein ein Problem des Bundesheeres. 

Denn wenn von rund 37.000 Stellungspflichtigen (Jahrgang 2005) gut 20 Prozent nicht in der Lage sind, Militär- oder Zivildienst zu leisten, weil sie physisch zu krank und mental nicht belastbar sind, stellt sich die Frage: In welchen Berufen und Branchen können diese teils mehrfach belasteten jungen Österreicher später  Fuß fassen?

Bundesheer, Stellung, Gesundheit

Im Verteidigungsministerium erarbeitet eine Kommission bis zum Jahresende drei Modelle, wie es mit der Wehrpflicht in Österreich grundsätzlich weitergeht. Die Herausforderung der sinkenden Tauglichkeitsrate ist auch hier ein Thema, wobei es bereits eine erste Reaktion gegeben hat: 2021 wurde die so genannte Teiltauglichkeit ermöglicht. 

Wehrpflichtige können nun bestimmten Verwendungen zugeteilt werden, die ihren gesundheitlichen Voraussetzungen entsprechen, Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP) bringt gern das Beispiel eines schulterverletzten Sportlers, der nun seiner Verletzung zum Trotz im Bundesheer eingeschränkt beschäftigt werden könnte. Von den erhofften 2.000 Teiltauglichen pro Jahr ist man aber noch ein Stück weit entfernt: Zuletzt waren es laut parlamentarischen Anfragen 600 bis 700 Teiltaugliche, die bei der Stellung ermittelt werden konnten. 

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