Warum Österreichs Bundesheer freiwillig auf Milliarden-Kredite der EU verzichtet

FRANCE-DEFENSE-WEAPONS
Mindestens 20 Länder haben die Möglichkeit in Anspruch genommen - Wien ließ am Dienstag die Einreichfrist für das SAFE-Programm verstreichen. Warum eigentlich?

Das Volumen ist enorm: Satte 150 Milliarden Euro stellt die von der EU-Kommission angestoßene SAFE-Initiative ("Security Action For Europe") zur Verfügung, um "dringende und umfangreiche Investitionen" in Europas Verteidigungsindustrie zu ermöglichen. 

Die Rüstungsproduktion soll hochgefahren und Verteidigungsgüter in Europa "rasch" verfügbar gemacht werden. Unionsstaaten können gemeinsam und sogar im Zusammenschluss mit EWR- oder EFTA-Staaten Rüstungsgüter beschaffen. Und für all diese Anstrengungen bietet SAFE, vereinfacht gesagt, langfristig günstige Kredite.

Am Dienstag ist die erste Frist abgelaufen, bis zu der EU-Mitglieder einen grundsätzlichen Bedarf, also die geschätzte Darlehenshöhe anmelden konnten.

Mindestens 20 Länder haben laut EU-Verteidigungskommissar Andrius Kubilius die SAFE-Karte gezogen, sprich: Sie wollen einen Kredit aufnehmen. 

Doch im Unterschied zu Staaten wie Spanien, Finnland, Ungarn oder der Tschechischen Republik hat Österreich vorerst kein Interesse an SAFE bekundet.

Neutralität

Hat das etwas mit der Neutralität zu tun? Liegt allenfalls ein Versäumnis der Bürokratie vor?

Laut KURIER-Recherchen ist weder das eine noch das andere der Fall. 

Das Verteidigungsministerium hat den 29. Juli aus zwei Gründen verstreichen lassen.

Der erste: Der 29. Juli diente der unverbindlichen Abschätzung des Finanzierungsbedarfs Es gibt noch eine weitere, man könnte sagen eine harte Frist. Die finale Möglichkeit für Einreichungen ist der 29. November 2025; bis dahin könnte der "Defence Investment Plan" theoretisch nachgereicht werden.

Das zweite Argument: Trotz oder gerade wegen des rigiden Sparkurses, den die Regierung beim Staatshaushalt mittlerweile eingeschlagen hat (allein in diesem Jahr sollen 6,4 Milliarden Euro gespart werden, Anm.), ist Österreich ein global durchaus hoch angesehener Schuldner. 

"Eine Inanspruchnahme der SAFE-Verordnung wird derzeit durch das Finanzministerium ausgeschlossen, da für Österreich eine Refinanzierung über den globalen Finanzmarkt aktuell zu günstigeren Konditionen möglich ist", erklärt Ronald Vartok, Leiter der Direktion Verteidigungspolitik und internationale Beziehungen im Bundesheer.

Mit anderen Worten: Österreichs Triple-A ermöglicht der Republik, auf den internationalen Finanzmärkten billigere Kredite zu bekommen als sie Europa mit seiner Fülle an wirtschaftlich unterschiedlich aufgestellten Mitgliedsstaaten bekommt. 

Ob es dabei bleibt und ob das Finanzministerium mit seiner Einschätzung recht behält, ist nicht final entschieden. 

Im September ist der Chef der SAFE-Task Force, Herald Ruijters, in Wien, um mit Österreich über SAFE und offene Details zu reden. Und bis Ende August verfassen Finanz- und Verteidigungsministerium gemeinsam eine Antwort an die EU-Kommissare für Verteidigung und Wirtschaftlichkeit/Produktivität, um Österreichs Sicht auf SAFE darzulegen - und warum man überzeugt ist, selbst günstigere Kredite aufnehmen zu können. 

Kommentare