„Univ. Prof. Dr. Wolfgang Brandstetter hat erklärt, dass er seine Aufgaben als Verfassungsrichter weiter wahrnehmen wird. Sein Status als Beschuldigter in einem laufenden, offenen Verfahren sei nicht als Verhalten zu interpretieren, das der Achtung und dem Vertrauen, das sein Amt erfordert, widersprechen würde. Dies sind die Kriterien, die im Verfassungsgerichtshofgesetz für das amtsangemessene Verhalten eines Mitglieds des VfGH festgelegt sind“, erklärte VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter unter Verweis auf ein Gespräch mit Brandstetter am Freitag. Eine Haltung, die für viele schwer nachvollziehbar ist. An einen VfGH-Richter hat man höchste moralische Erwartungen.
Allerdings ist eine Enthebung eines Verfassungshofrichters eine komplexe Angelegenheit, eine Suspendierung eines Sektionschefs lässt sich rascher umsetzen. Denn ein Verfassungsrichter ist kein Beamter, sondern ein öffentlicher Funktionär. Er unterliegt nicht dem klassischen „Disziplinarrecht“.
Präzedenzfall
Außerdem fürchten die Spitzenjuristen am Verfassungsgerichtshof zwei Eventualitäten: Einerseits gilt die Unschuldsvermutung für Ex-Justizminister Brandstetter. Ein Faktum, das Juristen anerkennen. Eine Enthebung wäre endgültig. Was passiert dann, wenn die Ermittlungen eingestellt werden?
Andererseits könnte ein Präzedenzfall geschaffen werden. Denn ein Mitglied des VfGH kann nur dann vom Amt enthoben werden, wenn es sich durch sein Verhalten „der Achtung und des Vertrauens, das sein Amt erfordert, unwürdig gezeigt hat.“
Aber was bedeutet unwürdig? Das entscheidet der VfGH im Einzelfall. Einschlägige Rechtsprechung gibt es noch nicht. Im Hinblick auf den Amtsverlust sind wohl nur gravierende Verfehlungen erfasst. Hier könnte eben ein Präzedenzfall geschaffen werden. Also wartet man lieber ab.
In einer anderen Causa, die die Republik im Atem hält, gibt es weitere Neuigkeiten. Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) hat Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Steuerproblem der Novomatic in Italien dementiert. Laut Mails von Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann sollte nicht nur Sebastian Kurz als damaliger Außenminister tätig werden, sondern auch Gusenbauer.
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