Brandstätters Blick: Faschismus – mehr als eine Warnung
Die frühere US-Außenministerin Madeleine Albright schreibt ein Buch über Faschismus – und es geht auch um Hugo Chávez. Albright ist gegenüber Diktaturen sensibilisiert. Ihre aus Prag gebürtige Familie musste zwei Mal fliehen: 1939 vor den Nazis und 1948 vor den Kommunisten. Sie seziert autoritäre Regime nicht nur nach der Ideologie, sondern auch nach ihrem Verhalten, und das ist bei Extremisten der Linken und der Rechten oft ähnlich. Chávez erinnerte Albright an Mussolini, ohne ihn gleich mit dem italienischen Diktator zu vergleichen. Der Venezolaner sah Politik als Spektakel und spielte mit nationalen Gefühlen, schließlich terrorisierte er seine Gegner, setze Richter ab und förderte die Korruption. Sein Nachfolger kann sich – noch – mit Brutalität und der Armee an der Macht halten.
Albrights Buch ist das einer Professorin der Politikwissenschaft mit praktischer Erfahrung. Sie analysiert den Aufstieg von Diktatoren, kommt aber dann zur Frage, wie das Entstehen autoritärer Regime schon frühzeitig erkannt und dadurch verhindert werden kann. Das macht das neue Buch so aktuell, denn Demokratien gehen nicht über Nacht kaputt, Anzeichen dafür gibt es auch heute. Kein Wunder, dass Albright auch zu Präsident Trump kommt: „Ein Faschist ist jemand, der für das gesamte Volk sprechen will, sich nicht um die Rechte anderer kümmert und bereit ist, Gewalt oder andere Mittel zu nutzen, um seine Ziele zu erreichen. Ich dachte, Amerika würde solchen Führern Hindernisse in den Weg legen.“ Doch daran zweifle sie jetzt, wenn sie Trumps Verachtung für demokratische Institutionen oder den zivilen Diskurs sehe.
Madeleine Albright:
„Faschismus – eine Warnung“
Dumont Verlag. Erschienen 2018, 304 Seiten.
Achten auf Anzeichen
In unserer Zeit der schnellen Abwertungen, plakativen Zuordnungen und emotionalen Aufwühlungen werden Beschimpfungen wie „Nazi“, „Faschist“ oder „Kommunist“ allzu alltäglich. Aber abgesehen von der Verharmlosung schlimmster Diktaturen durch unpassende Vergleiche wird so der Blick darauf verstellt, was heute die Demokratie gefährdet. Da gibt Albright Anhaltspunkte: Achten wir darauf, wenn Politiker mit Vorurteilen gegen Minderheiten spielen, wenn unsere demokratischen Institutionen abgewertet, Medien und Justiz herunter gemacht werden oder Patriotismus dazu missbraucht wird, Gruppen der Bevölkerung gegeneinander aufzuhetzen. Angefügt sei: Wenn Menschen regelmäßig als „Halbverbrecher“, „Volksfeinde“, „Kanackenkinder“ und „Höhlenmenschen“ abgewertet werden, dann sind wir schon tief drinnen im Sumpf, der die Demokratie verschlucken kann. Auch wer sich auf das „gesunde Volksempfinden“ beruft, hat nichts Gutes mit dem Volk vor, das er zu vertreten vorgibt.
Bedenklich ist auch, das Parlament abzuwerten, wie das Herbert Kickl als FPÖ-General tat, oder zu missachten, wie er es als Innenminister tut. Sorgen macht eine FPÖ-Abgeordnete, die agitiert ins Nationalratsplenum schreit: „Niemals haben wir uns damit abzufinden, dass Gesetze uns in unserem Handeln behindern.“ Sorgen machen heißt aber nicht Angst vor einem autoritären System haben, sondern klar gegen solche Tendenzen aufzutreten. Unsere Institutionen, vor allem die unabhängige Justiz, haben sich bisher bewährt. Dass ein Justizminister, der diese bewahren will, von der FPÖ zum Rücktritt aufgefordert wird, muss er aushalten.
Die Geschichte zeigt, dass aus Demokratien relativ leicht Diktaturen werden, der Übergang von autoritären Systemen zur Demokratie aber war selten, meist nur nach Konflikten oder gar Kriegen. Seien wir uns der Zerbrechlichkeit der Demokratie bewusst und suchen wir den ruhigen Dialog, mit behutsamer Wahl der Worte, gerade auch in den sogenannten sozialen Medien.
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