Hofburg-Wahl: Van der Bellen startete offiziell in den Wahlkampf
Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist am Freitag offiziell in den Wahlkampf gestartet. Bei einer Veranstaltung im Wiener Museumsquartier, zu der auch prominente Unterstützer wie der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) erschienen sind, bewarb er seine Erfahrung und betonte seine Unabhängigkeit. Ideen seiner Mitbewerber, die Regierung zu entlassen oder die EU-Mitgliedschaft zu diskutieren, erteilte er einmal mehr eine klare Absage.
Für einen früheren Grünen-Chef eher ungewöhnlich, aber seiner Wahlkampferzählung der Heimatliebe entsprechend, zog Van der Bellen zu den zünftigen Klängen der Kaunertaler Blasmusik in den Saal ein, die vom Wiener Publikum derart beklatscht wurde, dass sie gleich noch ein Stück draufsetzte. In seiner halbstündigen Rede pries Van der Bellen seine Tiroler Heimat und unterstrich im Zusammenhang mit der Klimakrise, "es ist unsere verdammte Pflicht", sich dafür einzusetzen, dass auch noch die kommenden Generationen die intakte Natur genießen können.
Verlässlichkeit und Integrität
Zu Beginn seiner Ansprache würdigte Van der Bellen aber die verstorbene britische Königin Elizabeth II., die eine "Ikone der Integrität, der Disziplin, des Pflichtbewusstseins" gewesen sei, und bat um einen Moment der Stille. "Verlässlichkeit und Integrität - das sind Werte, die nie aus der Mode kommen", betonte Van der Bellen. Alle Ausnahmesituationen, die gerade nebeneinander existieren, seien gekommen, um zu bleiben - deshalb müsse man das "Miteinander" betonen und daran glauben, dass Veränderung zum Besseren möglich sei.
Putins Angriffskrieg auf die Ukraine sei ein "Angriff auf das westliche Lebensmodell", die Sanktionen zu lockern, würde nichts besser machen, denn Putin könne man nicht mehr vertrauen. Was solle so eine Lockerung überhaupt sein, fragte Van der Bellen: "Dass die armen Oligarchen dann wieder auf ihre Jachten dürfen, weil sie sonst kein Zuhause haben?" Man dürfe Putins Handeln nicht einfach hinnehmen: "Die Zeit der Despoten in Europa ist vorbei." Das bedeute aber auch, dass man sich auf schwierige Zeiten einstellen und darauf achten müsse, dass niemand unter die Räder komme und niemand Angst haben müsse, dass er die Heizrechnung nicht bezahlen kann.
Die Bundesverfassung lasse es tatsächlich zu, dass man die Bundesregierung entlässt und Neuwahlen erzwingt - aber das sei "ein gefährliches Spiel", richtete er seinen Mitbewerbern aus. Ein einziges Mal in der Geschichte hätte man sich so etwas gewünscht, mit ungewissem Ausgang - als Engelbert Dollfuß 1933 das Parlament ausgeschaltet hat, meinte Van der Bellen. Auch eine Debatte über einen EU-Austritt lehnte der Bundespräsident noch einmal dezidiert ab. "Mit diesen Dingen spielt man nicht. Mit Österreich spielt man nicht."
Van der Bellen warb für seine Erfahrung und betonte, er sei "total unabhängig", weil es auch nichts gebe, was er in seinem Alter nach der zweiten Amtszeit noch anstrebe. Bei einem 35-Jährigen sei die Gefahr viel größer, dass man sich in Abhängigkeiten begebe, meinte er wohl an seinen jüngsten Gegner Dominik Wlazny ("Marco Pogo") gerichtet. "Ich brauch' nichts mehr." Einmal mehr warb Van der Bellen dafür, unbedingt zur Wahl zu gehen: "Jede Stimme macht einen Unterschied. (...) Diese eine Stunde am 9. Oktober, sorry, die muss drin sein."
Auch mehrere Unterstützer waren vor Van der Bellens Rede aufgetreten. Nach dem 22-jährigen schwerhörigen Tischler Erik Carl Wursag, der mit Van der Bellen auf einem Wahlplakat zu sehen ist, warben auf der Bühne auch Ex-SPÖ-Ministerin Maria Berger und der Erste Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas (ÖVP), für die Wiederwahl des Amtsinhabers am 9. Oktober. Politiker im Tagesgeschäft liefen wie aufgescheuchte Hühner herum und würden gegenseitig auf sich einpecken, da brauche man jemanden, der Ruhe und Gelassenheit bewahrt, meinte Berger.
Karas zeichnete ein düsteres Bild der Lage, aber Van der Bellen sei eine Persönlichkeit, die die richtigen Worte finde und die schaue, dass das Staatsschiff weiter auf Kurs bleibe. Bei der Wahl gehe es nicht um Schuldzuweisungen oder Abrechnungen, sondern um Werte, die man mit Van der Bellen teile, etwa ein politisches Verantwortungsbewusstsein, das über das Strafrecht hinausgehe, und einen Umgang miteinander, der anders aussehe, als es so manche Chats und Videos zeigten, konnte sich Karas auch Seitenhiebe gegen die eigene Partei nicht verkneifen.
Beim Auftakt dabei war erwartungsgemäß auch viel Grüne Prominenz, allen voran Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler und Klubobfrau Sigrid Maurer. Ebenfalls gesichtet wurden etwa Ex-ÖVP-Ministerin Maria Rauch-Kallat, der frühere NEOS-Abgeordnete Sepp Schellhorn, Kabarettistin und Dancing-Stars-Gewinnerin Caroline Athanasiadis, Astrologin Gerda Rogers und Sängerin Ina Regen.
Kommentare