BND-Chef bestätigt Spionage gegen Österreich

Gerhard Schindler, Präsident des deutschen Bundesnachrichtendienstes
Ein Protokoll aus dem deutschen U-Ausschuss belegt die Überwachung der Republik.

Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz."Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention EMRKIm deutschen Untersuchungsausschuss zur Spionageaffäre wurde vor wenigen Tagen der Chef des Bundesnachrichtendienstes BND, Gerhard Schindler befragt. In einem Protokoll, das noch nicht öffentlich ist, aber dem KURIER vorliegt, bestätigt der mächtige Geheimdienstchef, dass österreichische Regierungsbehörden, aber auch der Regierungssitz des französischen Präsidenten im Élysée-Palast ausspioniert wurden.

Keine rechtlichen Bedenken

"Auf die Frage, ob die Österreicher oder die Franzosen vom Bundesnachrichtendienst ausspioniert wurden, hat BND-Chef Schindler gesagt, dass er dabei keine rechtlichen Bedenken habe, da die Menschenrechtskonvention nur für das eigene Staatsgebiet gelte. Wir glauben, dass das rechtswidrig war", sagt die deutsche Abgeordnete des Bundestages Martina Renner, die Schindler im U-Ausschuss befragt hat, dem KURIER.

Menschenrechtskonvention

"Wenn die Daten eines Österreichers hier erfasst werden, also Telefon- und Internetdaten, dann ist das einschlägig nach der Europäischen Menschenrechtskonvention. Der Österreicher hat also Klagerecht, weil diese Daten ohne sein Wissen und gegen seinen Willen erfasst wurden durch den BND, der diese Daten dann auch noch mit dem US-Geheimdienst NSA teilt. Die USA sind ja nicht einmal im Geltungsbereich der EMRK", sagt die Mandatarin.

Problematisch sei das auch für die österreichischen Telekombetriebe, die in Deutschland Leitungen "anmieten". "Vertraglich war nie ausgemacht, dass die Daten an die NSA weitergeleitet wurden. Das ist also auch zivilrechtlich eine Vertragsverletzung."

Kein Kampf gegen den Terror

Der BND solle grundsätzlich "zu Sicherheit und außenpolitischen Belangen" ermitteln, es gebe aber schon so etwas wie ein Aufgabenprofil. "Das ist etwa der Kampf gegen Terror oder organisierte Kriminalität. Das Ausspähen von befreundeten Regierungen oder europäischen Einrichtungen fällt sicher nicht darunter. Es sei denn, man nimmt an, dass die österreichische Regierung irgendwie in Drogenhandel oder organisierte Kriminalität verwickelt ist."

BND ohne Kontrolle

Rechtlich untersteht der BND dem Bundeskanzleramt. Erst am Donnerstag seien leitende Beamte der Abteilung im U-Ausschuss gewesen, die die Rechts- und Fachaufsicht über den BND haben. Deren Befragung sei nicht ergiebig gewesen, erklärt Renner. Sie gaben an, über diese Aktionen nicht informiert worden zu sein. Renner: "Damit steht jedenfalls fest, dass die Kontrolle des BND nicht funktioniert hat."

Für den Grünen Sicherheitssprecher Peter Pilz, der aufgedeckt hat, dass der BND im Auftrag der NSA europäische Datenleitungen ausspioniert hat, ist die Causa "die schwerste Beschädigung der deutsch-österreichischen Beziehungen seit Jahrzehnten. Wir werden ja wie eine Bananenrepublik behandelt."

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