Blaue Lagebesprechung zwischen Bürger- und Glaubenskrieg

FPÖ-Boss Strache: Viel Kritik am System, wenig Ideen für Reformen
Der blaue Parteichef wetterte gegen den Staatsfunk, die Staatsparteien und "das System". Staatstragende Visionen fehlten weitgehend.

"Schau’ns, der Haze hot jetzt a a Brülln. Steht eam! Schaut fost a bissl intellektuell aus, oder?" Das iPad konsequent auf ihr Idol gerichtet, saß gestern eine rothaarige Zuhörerin im Palais Epstein und filmte ihr Idol "Haze", also Heinz-Christian Strache.

Für gewöhnlich wäre die Bemerkung, die die blaue Parteigängerin ungefragt unter die Sitznachbarn warf, nicht weiter berichtenswert.

Im konkreten Fall ist die Sache aber anders. Denn ausgerechnet das, was die enthusiastische Funktionärin an ihrem Parteichef so schick findet, nämlich dessen optisch angedeutete Intellektualität, wollte der Klub- und Parteichef der Freiheitlichen in seiner "Rede zur Lage der Nation" so gar nicht fein finden, im Gegenteil: Wann immer er auf die Feingeister zu sprechen kam, äußerte sich der blaue Parteichef vornehmlich negativ.

Künstler und Intellektuellen? Sie tummeln sich laut Strache in "dubiosen Vereinen" – vorzugsweise im Gefolge des gegnerischen Hofburg-Gegen-Kandidaten Alexander Van der Bellen, um, so Strache, als Teil einer auf Subventionen hoffenden, "linken Schickeria" dem "System" das Wort zu reden.

Rot-grüner Filz

Aber nicht nur die Intellektuellen sollten im Lichthof des Parlamentspalais’ ihr Fett abbekommen: Der "rot-grün-verfilzte" Staatsfunk ORF, der seinen "Bildungsauftrag mit Propaganda verwechselt" und die FPÖ konsequent schlecht behandelt; die "mächtigste und gleichzeitig gefährlichste Frau Europas, Angela Merkel"; und "der ungebremste Zustrom kulturfremder Armutsmigranten", der das "gesellschaftliche Gefüge erschüttert" und mittelfristig "einen Bürgerkrieg" wahrscheinlich macht.

Man muss das hervorstreichen und betonen: Heinz-Christian Strache wähnt Österreich am Rande des Bürgerkrieges.

Und wenn er am Montag tatsächlich versucht haben sollte, den "patriotischen Staatsmann" (©FPÖ-NÖ-Chef Rosenkranz) zu geben, so gelang ihm das nur bedingt. Insbesondere Visionen und Zukunftspläne blieben in dem einstündigen Vortrag rar. Runter mit den Steuern, mehr direkte Demokratie: Das waren, im Wesentlichen, die inhaltlichen Vorschläge, die im Gedächtnis blieben.

Der Rest? Eine bockbeinige Verteidigung der FPÖ, frei nach dem Motto: Wir, die Freiheitlichen, warnen seit Jahren vor de facto allen Fehl-Entwicklungen – allein man hört uns nicht.

Gehört (und kritisiert) wurde derweil die Entscheidung von FPÖ-Hofburg-Kandidat Norbert Hofer, mit dem Zusatz "So wahr mir Gott helfe" im Wahlkampf aufzutreten. Am Montag hatten sich die Präsidentin der Katholischen Aktion und auch ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka den evangelischen Würdenträgern angeschlossen, die es bereits am Wochenende für ausnehmend unpassend erachtet hatten, mit Gott einen Wahlkampf zu bestreiten.

Und Strache? Er, der einst mit dem Kruzifix in der Hand Wahlen geschlagen hat, stellte sich hinter seinen Kandidaten und sagte fast trotzig: "Ich sage ganz bewusst, so wahr mir Gott helfe. Denn auf Gott vertraue ich."

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