Bildungsreform steht vor dem Aus

Lehrervertreter Kimberger und Bildungsministerin Hammerschmid
Schulautonomie. Nur SPÖ klar für das Paket.

Am Ende könnte doch alles für die Katz’ gewesen sein. Jahrelange Verhandlungen seit 2015 zwischen SPÖ und ÖVP, von der Bundesregierung mit den Landesregierungen, von Bund und Ländern mit der Gewerkschaft, und schließlich von der Bundesregierung mit den Oppositionsparteien FPÖ und Grüne, stehen vor dem Kollaps. Die Bildungsreform droht zu scheitern.

Ein klares Ja zur Reform gibt es derzeit nur von der SPÖ und deren Bildungsministerin Sonja Hammerschmid. Ein Beschluss wäre ein großer Erfolg für die Roten, und den wollen die wenigsten der SPÖ und Kanzler Kern vor einer Wahl gönnen – auch für den Preis, dass sich im Schulbereich wieder nichts ändert. Und die anderen?

Was will die ÖVP?

Derzeit ist nicht eruierbar, was die ÖVP will. Natürlich steht Harald Mahrer – der ÖVP-Minister hatte die Reform federführend für die Schwarzen verhandelt – hinter dem Reformpaket, aber Mahrer ist nicht die ÖVP. Der designierte ÖVP-Parteichef Sebastian Kurz hat sich auch nach mehreren Versuchen des KURIER zu der Monsterreform bisher nicht geäußert (siehe Seite 2). Der von der ÖVP nominierte parteifreie Vizekanzler Wolfgang Brandstetter blieb bisher nur vage.

Was will die Gewerkschaft?

Die ÖVP-dominierte Lehrergewerkschaft, die am Donnerstag wieder eine Verhandlungsrunde im Bildungsministerium absolvierte, ist kritisch. Lehrer-Gewerkschafter Paul Kimberger kann die Frage, ob die Gewerkschaft das Projekt tatsächlich ablehnt, noch nicht endgültig beantworten. Vermutet wird, dass die ÖVP sich hinter der Njet-Position der Gewerkschaft verstecken wird. Lehnt diese das Projekt wirklich ab, wäre es – insbesondere vor einer Bundeswahl – ein hohes Risiko für den neuen VP-Chef, gegen die Gewerkschaft das weit reichende Reformpaket doch gut zu heißen. Auch die Abwahl der SPD-geführten Regierung im größten deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen wird eng mit dem Unmut über die letzten Bildungsreformen verknüpft.

Was will die FPÖ?

Da wesentliche Teile des Reformpakets eine 2/3-Mehrheit benötigen, sind auch die Freiheitlichen noch mit am Verhandlungstisch. Bildungssprecher Wendelin Mölzer schließt im KURIER-Gespräch eine Zustimmung aber praktisch aus. "Es gibt grundsätzliche Punkte, die in die richtige Richtung gehen, etwa die Schulautonomie oder Schulcluster. Aber allein schon die Abschaffung der Kollegien in den Landesschulräten würde zu einem Verlust notwendiger Kontrollrechte führen, das geht sicher nicht. Das ist für uns eine von vielen zentralen Forderungen. Aber wir merken auch, dass sich derzeit nicht einmal mehr SPÖ und ÖVP einig sind."

Was wollen die Grünen?

Eher wahrscheinlich wäre da noch eine Einigung der Noch-Regierung mit den Grünen. Doch deren Bildungssprecher Harald Walser ist derzeit sehr sauer – auf die ÖVP. Er macht eine Zustimmung der Grünen vor allem vom Projekt Gemeinsame Schule in Vorarlberg abhängig. Das wollen dort übrigens alle Parteien, auch die ÖVP mit Landeshauptmann Wallner und die Freiheitlichen. (Anmerkung: Mittlerweile sind die Blauen in Vorarlberg unter dem neuen Obmann Reinhard Bösch wieder gegen die Gemeinsame Schule.)

Doch die Bundes-ÖVP blockiert, es gibt keine Anzeichen, dass sich das demnächst ändert.

Der Grüne Walser verweist auf Zusagen von Ex-ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner ("Also ich stehe da voll hinter den Vorarlberger Wünschen") und Klubobmann Reinhold Lopatka und kritisiert Kurz scharf, sich an die Abmachungen nicht halten zu wollen.

Der Bundes-Schwarzen Problem dabei: Wenn Vorarlberg die Gemeinsame Schule für alle 6 bis 14-Jährigen umsetzen darf, muss das auch in Wien möglich sein, die Wiener SPÖ will das auch. Einen Kompromiss – nur in Vorarlberg soll es ein flächendeckenden Schulversuch zur Gemeinsamen Schule geben – würde aber die SPÖ politisch kaum überleben.

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