Bawag-Prozess enthüllt mögliche Parteienfinanzierung
Als hätten sie nur darauf gewartet, endlich gefunden zu werden. Die Schachteln im Keller des Penthouse von Walter Flöttl, dem früheren Bawag-Generaldirektor.
Zwei davon mit der Aufschrift „Rendite, Bawag, Aktien – Leistungen der Bawag für ÖGB“. Der brisante Inhalt: Hinweise auf mögliche Parteienfinanzierung für ÖGB bzw. SPÖ durch die Bawag im Gesamtwert von rund einer Milliarde Schilling (72,7 Mio. Euro), also „massive finanzielle Unterstützungen“, wie es Richterin Claudia Bandion-Ortner nach einer ersten Durchsicht beschreibt. „Hinweise auf Aufwendungen der Bawag aus den Siebzigerjahren bis zum Jahr 1988 im Interesse von ÖGB, SPÖ und Konsum Österreich“, so die offizielle Formulierung der Staatsanwaltschaft Wien.
Kellersuche
Die Geschichte begann schon am Dienstag. Im Zuge des Bawag-Prozesses kam es zu einer „freiwilligen Nachschau“ im Keller des Penthouse von Walter Flöttl, Vater von Wolfgang Flöttl. Gesucht wurden Unterlagen zu den so genannten Karibik-1-Geschäften (1989 bis 1994). Gefunden wurde nichts.
„Das gibt es nicht. Es gibt zwei Kellerabteile voll mit Unterlagen“: Diesen Tipp eines anonymen Informanten bekam der Verteidiger von Helmut Elsner, Wolfgang Schubert, was zu einer zweiten Durchsuchung durch die Soko-Bawag am Mittwoch führte. Nun mit Erfolg.
Ein Beamter der Soko berichtet im Zeugenstand: In einem Abteil fanden sich nur persönliche Unterlagen wie Fotoalben von Flöttl sen. Im zweiten Abteil standen 18 Schachteln, wovon drei „sofort ins Auge gestochen sind“ – wie speziell hergerichtet. Auf einer Schachtel – schon deutlich weniger verstaubt als die übrigen – stand „Karibik“. Die zwei anderen seien überhaupt „blitzblank“ gewesen, wie es Herbert Eichenseder, der bei der Durchsuchung anwesende Anwalt von Wolfgang Flöttl, formulierte. Auch die Beschriftung dieser Schachteln war eine komplett andere. „Das muss ein oder zwei Tage vorher hineingestellt worden sein. Das Timing ist auffällig, gerade jetzt, wo der Untersuchungsausschuss (zur Causa Haidinger, Anm.) beginnt“, sagt Eichenseder zum KURIER.
„Ich bin selber hingefahren und habe mir das angeschaut“, erzählt Bandion-Ortner am Freitag, dem 77. Tag im Bawag-Prozess. „Die Schachteln waren so platziert, dass wir sie garantiert finden.“ Wer könnte dahinter stecken? Eine Spur soll zu Helmut Elsner führen. Er fühlt sich von der SPÖ längst fallen gelassen. Außerdem ist er erzürnt, dass ihm das (rote) Justizministerium kürzlich seinen Wunsch abschlug, dem ORF ein Interview über seine Lage zu geben.
15 Schachteln werden jetzt von der Soko ausgewertet, drei liegen bei Gericht. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen unbekannt wegen des Verdachtes der Untreue aufgenommen.
Bawag-Leistungen
„Was waren eigentlich die Leistungen der Bawag an den ÖGB?“, will die Richterin von Ex-Vorstand Johann Zwettler wissen. „Es gab eine gute Verzinsung für die ÖGB-Einlagen.“ Günter Weninger, Ex-Aufsichtsratspräsident und Ex-ÖGB-Finanzchef, erklärt, dass es „für Betriebsratskredite gute Konditionen“ gab, aber mehr nicht.
Und Wolfgang Flöttl? „Mein Vater und ich haben komplett unterschiedliche politische Auffassungen. Daher haben wir auch nie viel über Politik geredet.“
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