Ausweg aus der Klimakrise? Bäume alleine werden nicht helfen
Österreich bläst derzeit etwas mehr als 83 Millionen Tonnen Treibhausgase in die Atmosphäre. Das allermeiste davon entstammt fossilen Brennstoffen, vor allem Erdöl, Erdgas und etwas Kohle. Zwei Drittel der Gesamtenergie, die in Österreich verbraucht werden, stammen somit aus fossilen Energieträgern – und diese sollten in den kommenden 31 Jahre zur Gänze verschwinden. Auch die ÖVP hat das Ziel ausgegeben, Österreich bis 2045 „klimaneutral“ zu machen.
Derzeit ist in einigen Bereichen nur schwer vorstellbar, wie eine echte Null erreicht werden soll, den viele Emissionen lassen sich nur schwer vermeiden. Ein Beispiel: Methan entsteht vor allem in der Viehhaltung im Verdauungstrakt von Rindern oder beim inzwischen auch in Österreichs versuchten Nass-Reisanbau. Methan ist 25-mal so klimaschädlich wie Kohlendioxid. Oder Lachgas, das bei der Stickstoffdüngung aus dem Boden entweicht und fast 300-mal klimaschädlicher als ist.
Ganz weg werden wir diese Emissionen nicht bekommen – wir haben aber natürliche „Senken“, wo Treibhausgase aus der Atmosphäre geholt werden, vor allem der Wald. Der wächst stetig. Aber wie viel wird tatsächlich gebunden?
Peter Weiss ist da der richtige Ansprechpartner. Der Experte des Umweltbundesamtes arbeitet in der Abteilung für Klimaschutz und Emissionsinventuren: „Insgesamt hat Österreich einen Vorrat von etwa einer Milliarde Tonne Kohlenstoff im Wald gespeichert, umgerechnet in wären das rund 3,6 Milliarden Tonnen. Das entspricht etwa der vierzigfachen Menge der aktuell jährlichen Emissionen Österreichs“, erklärt der Experte im KURIER-Gespräch.
Der tatsächliche Zuwachs des Waldes und der Biomasse ist natürlich deutlicher geringer, erklärt Weiss: „Wir haben ja Nutzwälder, der Wald wird bewirtschaftet, es wird immer irgendwo abgeholzt und andernorts wieder aufgeforstet. Unterm Strich nimmt der Kohlenstoffvorrat zu, derzeit etwa um rund vier Millionen Tonnen pro Jahr. Das entspricht etwa fünf Prozent unserer Treibhausgas-Emissionen. Der Wald alleine wird uns in der Klimakrise also nicht retten.“
Holz statt Stahl
Tatsächlich sehe es aber noch besser aus, berichtet Experte Weiss, und das hat mit der Holz-Nutzung zu tun. „Wenn die Bauwirtschaft statt einem Stahlträger einen aus Holz verwendet, wird ja insgesamt weniger Energie verwendet und damit auch weniger emittiert. In einer Studie gemeinsam mit BFW (Bundesforschungszentrum für Wald) und Boku (Universität für Bodenkultur) kommen wir zum Schluss, dass durch die Holznutzung und dem dadurch ermöglichten Ersatz von anderen Rohstoffen in den kommenden neunzig Jahren die zwanzigfache Menge der aktuellen jährlichen Emissionen in Österreich eingespart werden.“
Der Forscher Rupert Seidl von der Boku kann das nur bestätigen: „Wald kann auf zwei Arten zur Reduktion des Klimawandels beitragen: Zum einen sind alle Maßnahmen hilfreich, welche die Waldfläche, das Baumwachstum und den im Wald stehenden Holzvorrat erhöhen. Also etwa stabilere Wälder, die nicht so anfällig für Windwurf oder den Borkenkäfer sind. Zum anderen trägt eben die Verwendung von Holz anstelle von Treibhausgas-intensiven Materialien wie Stahl, Beton oder auch Plastik zum Klimaschutz bei.“
Großes Potenzial für eine weitere Aufforstung sehen Forscher übrigens nicht. „Wir haben bereits sehr viel Wald in Österreich, wir gehören zu einem der Wald reichsten Länder in Europa“, erklärt Weiss. Almbauern etwa würden jedes Jahr aktiv ihre Almflächen schützen, sonst würden sich die Wälder weiter ausbreiten. Man brauche die Flächen aber auch zum Anbau von Nahrungsmittel für Mensch und Tier.
Aber es gibt auch Bedenken – vor einer weiteren „Verfinsterung“ der Landschaft. Landwirte selbst geben zu bedenken, dass auch der Wertverlust nicht außer Acht gelassen werden darf: Ein Baufläche ist mehr wert als eine landwirtschaftliche Fläche, und diese ist mehr wert als eine Waldfläche.
Lukrativ sind Österreichs Wälder dennoch: So generieren die Forste eine Wertschöpfung von rund 12 Milliarden Euro, rund 300.000 Menschen sind in der Fort- und Holzwirtschaft beschäftigt.
406 Bäume pro Einwohner
3,4 Milliarden Bäume stehen in Österreichs vier Millionen Hektar großen Wäldern, das sind 406 Bäume pro Einwohner. Insgesamt hat Österreich damit 47,6 Prozent Waldanteil an der Bundesfläche, weniger als EU-Spitzenreiter Finnland (mit 73 Prozent).
Baumarten
Sechs von zehn heimischen Bäumen sind Fichten, zehn Prozent Buchen, fast fünf Prozent Kiefer, vier Prozent Lärchen noch vor Eschen, Hainbuchen, Tannen, Ahorn und Eichen. Insgesamt finden sich 65 Baumarten im heimischen Forst.
Wem gehört der Wald?
Nur 18 Prozent sind öffentlich, die Republik Österreich (Bundesforste) aber der mit Abstand größte Waldbesitzer mit über 510.000 Hektar vor der Stadt Wien (Quellenschutzwälder) und den Familien Mayr-Melnhof-Saurau, Esterhazy, Schwarzenberg und den Admonter Benediktinern.
Klimawandel-Stress
In Österreich stehen rund 3,4 Milliarden Bäume, 48 Prozent der Gesamtfläche Österreichs sind mit Wald bedeckt, das sind 4 Millionen Hektar von 8,4 Millionen Hektar Gesamtfläche. Sechs von zehn heimischen Bäumen sind Fichten – doch die kommen immer mehr unter Druck.
Werner Löffler, Forstdirektor der Landwirtschaftskammer Niederösterreich meinte gegenüber noe.orf.at, er gehe davon aus, dass sich Österreich und ganz Europa auf einen Baumartenwechsel einstellen wird müssen. Die Fichte werde aufgrund des Klimawandels in den tiefen Lagen verschwinden, da sie unter 800 Meter Seehöhe stark unter Stress gerate. In den nächsten 60 bis 80 Jahren würden sich die Waldbilder also gravierend ändern.
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