Ausgezwitschert? VP-Minister setzen vermehrt auf andere Kanäle
Er braucht keinen Laptop und keinen Twitter-Account – mehr. Gernot Blümel, Finanzminister und Wiener ÖVP-Chef, sagte dem Onlinedienst diese Woche nach sieben Jahren ade, indem er alle Nachrichten löschte.
Damit verzichtet der ÖVP-Spitzenkandidat der Wien-Wahl nicht nur auf Botschaften in der Länge von 280 Zeichen, sondern auch auf 11.463 Follower. "Ich habe den Account stillgelegt, weil ich ihn schon länger nicht genutzt hatte, und weil ich in Twitter keinen Beitrag für meine tägliche Arbeit sehe", sagt Blümel. Und damit ist er nicht allein.
In der türkisen Regierungsmannschaft habe man jüngst aufgrund der Twitter eigenen, oft harschen Kritik (Stichwort: Shitstorm) immer wieder über die Relevanz von Twitter diskutiert, heißt es in der ÖVP. Dass der Kanal in den größten Social-Media-Skandal der jüngeren Geschichte verwickelt ist, hat die Haltung wohl eher verfestigt.
Ein genereller Ausstieg aller ÖVP-Minister sei aber dezidiert kein Thema gewesen. Im Gegensatz zum personifizierten Twitter-Titan Donald Trump – der US-Präsident erreicht mit jedem Tweet 30,8 Millionen Menschen – verzichtet ein Gutteil der türkisen Minister seit Amtsantritt generell auf dieses soziale Medium.
Bildungsminister Heinz Faßmann, Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Arbeitsministerin Christine Aschbacher haben ebenso keinen Account wie Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Staatssekretär Magnus Brunner. Unisono geben die vom KURIER befragten Büros eine profane Antwort: Twitter binde zu viele Ressourcen, denn: Mit einer Nachricht (Tweet) sei es nicht getan.
Sobald jemand auf die Nachricht antworte, selbige retweete (die Nachricht weiterverschickt) oder den Politiker selbst auf Twitter anschreibe, müsse man schnell reagieren. So schnell und adäquat zu jeder Tages- und Nachtzeit, dass es eines eigenen Mitarbeiters bedürfe. Das stehe bei geschätzten 170.000 Twitter-Nutzern im 8,9-Millionen-Einwohnerland Österreich aber nicht dafür; den Aufwand für die "Blase" – wie Twitter und deren Nutzer von Kritikern gemeinhin genannt werden – könne und wolle man nicht leisten. Er stünde in keiner Relation.
Lieber sei man auf Instagram. Den Onlinedienst für Fotos und Videos benutzen Tanner, Brunner und Co. sehr wohl. Die Zielgruppe, die man mit seinen Bildern und Botschaften erreiche, sei breiter, so der Tenor. Selbiges gelte für Facebook.
Nicht verzichten will und wird Bundeskanzler Sebastian Kurz auf die Plattform mit dem blauen Vogel. Der türkise Parteichef erreicht mit einer Nachricht via @sebastiankurz derzeit 400.962 Menschen. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger 15.415 Menschen, Innenminister Karl Nehammer 9.982.
Auch die Kanzleramtsministerinnen Karoline Edtstadler (7.804) und Susanne Raab (2.624) twittern beziehungsweise lassen unter @k_edtstadler und @susanneraab_at ihre Teams schreiben. Anders handhabt es Außenminister Alexander Schallenberg.
Sein @SchallenbergA-Account (er existiert seit 2012, als er Pressesprecher von Außenminister Michael Spindelegger war) ist geschützt – das heißt, die Nachrichten sind nicht für die Allgemeinheit lesbar. Dem Außenministerium (@MFA_Austria) folgen derzeit 38.455 Menschen. Der Account werde "beispielsweise genutzt, um Haltungen und Botschaften auch international zu vermitteln", sagt Schallenbergs Sprecherin Claudia Türtscher zum KURIER. In einem jüngsten Tweet heißt es beispielsweise: "AM #Schallenberg: Wir bedauern die heutige Entscheidung der Türkei die #HagiaSophia in eine Moschee umzuwandeln zutiefst und können dies nicht nachvollziehen".
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