Ausgabenbremse bei Krankenkassen: Welche Projekte betroffen sein könnten
Zu einer bisher nicht gekannten Allianz haben sich am Donnerstag die Chefs von Gewerkschaft, Ärztekammer und Sozialversicherung zusammengefunden. Anlass war der gemeinsame Protest gegen die Ausgabenbremse für die Krankenkassen, die vergangene Woche von ÖVP und FPÖ überfallsartig beschlossen worden war. Alle drei appellierten an die Regierung, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Alexander Biach, Vorstandsvorsitzender im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, führte in der gemeinsamen Pressekonferenz aus, welche Konsequenzen durch den Beschluss drohen: Österreichweit 33 vereinbarte Projekte müssen demnach gestoppt werden, etwa ein Eltern-Kind-Therapiezentrum in Bad Ischl oder die Zusammenlegung von Landes- und Unfallkrankenhaus in Klagenfurt. Insgesamt gehe es um Bauprojekte im Ausmaß von 400 Mio. Euro.
Auch neue Ärzteverträge müssen warten, mit entsprechenden Konsequenzen für die Patienten. Hier geht es etwa um die Steiermark, das Burgenland, Oberösterreich und Tirol. Auch der Primärversorgungsvertrag kann nicht abgeschlossen werden, und jener für CT- und MR-Untersuchungen wird nun möglicherweise nicht verlängert; beides Bereiche, die der Politik bisher sehr wichtig waren.
"Sie erwarten Kampfansagen, das ist aber nicht der Fall", betonte Biach. Die Sozialversicherung teile die Ziele der Bundesregierung in diesem Bereich, auch Reformen seien machbar, aber ohne Konflikte und ohne Misstrauen: "Wir wollen ordentlich eingebunden werden und werden konstruktiv beitragen."
Er appellierte dafür, die Ausgabenbremse zu lösen und wieder in den Dialog mit den Sozialpartnern einzusteigen. Signale, dass das möglich sei, erkannte er etwa in Oberösterreich, wo in Eferding und Linz blockierte Bauprojekte nun doch realisiert werden sollen.
"Vorrücken der Privatmedizin" befürchtet
Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres befürchtete ein Vorrücken der Privatmedizin durch die Maßnahme, was für die Ärmeren in der Gesellschaft nicht bezahlbar sei: "Es wird kein Arzt verhungern, wenn es kein Kassensystem gibt, aber es ist zum Schaden der Patienten." Er verwies auch auf maßgebliche Juristen, die diesen Eingriff in die Selbstverwaltung als verfassungswidrig gewertet hatten.
Auch Szekeres äußerte die Hoffnung auf eine Rücknahme des "Husch-pfusch"-Gesetzes, wie er es nannte. Noch setze man auf den Dialog, gab aber er sich aber ebenso noch zurückhaltend wie ÖGB-Chef Wolfgang Katzian. "Wir kündigen Kampfmaßnahmen nicht an. Wir machen sie, wenn sie notwendig sind", meinte dieser.
Von der Vorgangsweise der Bundesregierung zeigte sich Katzian "einigermaßen geschockt", habe man den überraschenden Beschluss doch ins Erwachsenenschutzgesetz hineingeschoben, als wolle man "die Selbstverwaltung besachwalten". Der ÖGB-Chef warnte die Regierung vor einer Politik, die das Land in eine Konfliktkultur führe. "Wir scheuen sie nicht. Aber ich bin sicher nicht der, der die Sozialpartnerschaft zu Grabe trägt", sagte Katzian.
Verfassungsklage?
Am Donnerstagabend erhob der Bundesrat gegen die vom Nationalrat beschlossene Kostenbremse für Sozialversicherungsträger keinen Einspruch. In der namentlichen Abstimmung stimmten 36 Bundesräte gegen und 22 Bundesräte für ein Veto, teilte die Parlamentskorrespondenz mit. Die SPÖ überlegt aber, die Bestimmungen beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. Das bekräftigte SPÖ-Bundesrat Stefan Schennach.
Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (
FPÖ) sah einer Verfassungsklage "gelassen entgegen", ihrer Überzeugung nach ist das Gesetz verfassungskonform.
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