Aufregung um FPÖ-Ministerien-Inserate in rechtem Magazin
Das Innenministerium wirbt in einer Postille, die rechtslastige Verschwörungsmystik betreibt, um neue Polizisten. In der aktuellen Ausgabe des Magazins Alles roger?, das auch ein Interview mit Innenminister Herbert Kickl ( FPÖ) enthält, wurde ein halbseitiges Inserat geschaltet. Das Vizekanzler Heinz-Christian Strache unterstehende Ministerium für Öffentlichen Dienst und Sport wirbt in dem Monatsmagazin sogar mit einer ganzseitigen entgeltlichen Einschaltung: "Hol' dir dein Sportabzeichen!"
Über dem Regierungsinserat prangt eine Alles roger?-Karikatur, die unter anderem die Vergewaltigung einer blonden Frau durch zwei dunkelhaarige Männer zeigt und die angeblich härtere Bestrafung Peter Westenthalers in der Bundesliga-Affäre beklagt. Ex-FPÖ- und BZÖ-Politiker Westenthaler ist laut Homepage der Verlagsleiter des Magazins. Erst im März entschied das Wiener Oberlandesgericht über seine teilbedingte Haftstrafe.
In seiner aktuellen Ausgabe widmet sich das Magazin den Verschwörungstheorien rund um den ungarischstämmigen US-Milliardär George Soros. Mit dessen angeblichem „Österreich-Netzwerk“ wird auf der Titelseite und im Heft auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Verbindung gebracht. An anderer Stelle im Magazin wird über den „mysteriösen Tod eines Soros-Kritikers“ berichtet.
Opposition kritisiert Verwendung von Steuergeld
SPÖ-Chef Christian Kern schrieb auf Twitter dazu: „Strache und bezahlen mit Steuergeld antisemitische Propaganda“ und: „Der Weg nach Orbans Ungarn ist kürzer als befürchtet!“ Soros gilt nicht nur in rechtsextremen Kreisen als Feindbild, sondern war in Ungarn auch Ziel einer Kampagne von Viktor Orbáns Regierungspartei Fidesz.
Der grüne Bundesrat David Stögmüller bereitete parlamentarische Anfragen an die beiden FPÖ-geführten Ministerien vor. Er findet es „völlig inakzeptabel, dass Vizekanzler und Innenminister Kickl in einem vom Mauthausen-Komitee als tendenziell antisemitisch eingestuften Magazin Inserate schalten." Via Aussendung erklärt Stögmüller: „Diese Magazine und Zeitungen werden dadurch nicht nur indirekt mit Steuergeldern gefördert, sondern bekommen auch einen öffentlichen Anstrich durch die Inserate der Ministerien.“
Eine Anfrage des KURIER an das Innenministerium wurde bisher nicht beantwortet.
"Antisemitisch und verschwörungsmystisch"
Auch das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands stuft das Magazin „auf jeden Fall als antisemitisch und verschwörungsmystisch ein“, wie Andreas Peham auf KURIER-Nachfrage sagt. Aufgrund eines zu wenig klar eingrenzbaren ideologischen Gehalts könne das Magazin zwar nicht als explizit rechtsextrem bezeichnet werden. Es bediene aber Verschwörungstheorien, die in rechtsextremen Kreisen beliebt sind. „Alles roger?“ sei auch mit einem entsprechend problematischen publizistischen Netzwerk verwoben und war im Vorjahr beim rechten Kongress "Verteidiger Europas" in Linz als Aussteller vertreten.
Das Monatsmagazin bezeichnet sich selbst als „Querformat für Querdenker“, dass sich nicht an einem behaupteten „Meinungsdiktat“ der „Hauptstrommedien“ beteiligt. Dieses Querdenken äußert sich hauptsächlich in der Verbreitung von Verschwörungstheorien. So wurde etwa über „die größten Lügen der USA“ berichtet, die Weltmacht sei „hauptverantwortlich“ für die „Flüchtlingswellen“ im Jahr 2015 und soll den „IS gegründet“ haben. Tilman Knechtl, Autor des verschwörungstheoretischen Machwerks "Die Rothschilds. Eine Familie beherrscht die Welt", schreibt für das Magazin über behauptete "okkulte Zeremonien" der Rothschilds.
Interviews mit FPÖ-Politikern und Lifestyle
Politisch aufgeladene Texte, die vor einer düsteren Zukunft warnen, stehen neben bunten Lifestyle-Themen („Frühlingserwachen - Wenn die Hormone erwachen" oder "Solarien sind rehabilitiert“). Im November 2016 wurde bekannt, dass ein Interview mit Hollywood-Star Kevin Spacey, das von Chefredakteur Roland Hofbauer geführt worden sein soll, erfunden war. Spaceys PR-Agentin bestätigte damals dem Standard, dass ein solches Gespräch nie stattgefunden habe. Die Polit-Interviews, die auffällig oft mit FPÖ-Politikern geführt werden, dürften hingegen echt sein.
In der April-Ausgabe dieses Jahres beklagte sich das Magazin unter anderem über „Politjustiz“ anhand der Gerichtsverfahren gegen den „EU-Bauern“ Manfred Tisal oder gegen den eigenen Verlagsleiter Peter Westenthaler.
"Alles roger?" wurde von Einkaufszentrum-Betreiber Ronnie Seunig ("Excalibur-City") gegründet. Im Jahr 2003 zeigte Seunig einem Trend-Journalisten ein Adolf-Hitler-Porträt, das auf einer Zimmerdecke in seinem Waldviertler Anwesen gemalt war . Im anschließenden Gespräch räumte er ein, man könne von dem Diktator "unglaublich viel lernen, gerade was die Medien betrifft", wie der Trend damals abdruckte.
Im Jahr 2016 berichtete Seunigs Magazin über "Regierungsinserate als Medienbestechung". Im Jahr 2018 druckt es selbst Regierungsinserate ab.
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