Es ist nicht weiter erstaunlich, dass der Parteimanager einer Oppositionspartei die Regierung kritisiert. Was einzelne Journalisten bei der Präsentation allerdings überrascht, ist, dass die Parteichefin fehlt – direkt vor Ort und auf den Sujets. „Natürlich steht die Parteichefin an der Spitze der Kampagne. Sie trägt sie und wird sie mit Pressekonferenzen und Interviews begleiten“, sagt Deutsch. Was er sagen will: Die Plakate sind den Themen und nicht der Partei-Chefin gewidmet.
Das stimmt so natürlich. Auch in der Vergangenheit lag’s nicht am Parteichef oder der -chefin, alle Plakatkampagnen zu präsentieren.
Doch allein der Umstand, dass es Außenstehende für hinterfragenswert halten, wenn Pamela Rendi-Wagner nicht auf einem Plakat der SPÖ zu sehen ist, zeigt, wie Beobachter die innere Verfasstheit der Partei einschätzen.
Am Wochenende hatte der in der Wiener SPÖ gut vernetzte Medienmanager und ehemalige Kreisky-Vertraute Hans Mahr offen ausgesprochen, dass die Partei ganz sicher nicht mit Rendi-Wagner ins Rennen um das Kanzleramt gehen werde.
Und am Montag lag es schließlich an Bürgermeister Michael Ludwig im Wiener Ausschuss, also dem wichtigsten Parteigremium der Stadt-Partei, die Genossen zu beruhigen: Nach der Kärntner Landtagswahl, also nach dem für SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser entscheidenden Wahlsonntag, werde man die SPÖ in vielerlei Hinsicht neu aufstellen, denn: So könne es nicht weitergehen.
Insbesondere in Wiener Flächenbezirken wie Simmering beobachtet man mit zunehmender Sorge, dass die Freiheitlichen der SPÖ als Arbeiterpartei den Rang ablaufen. Nicht zu reden von den Landespartei-Funktionären in Salzburg, Niederösterreich, dem Burgenland und der Steiermark, die mit dem gegenwärtigen Zustand der Partei hadern.
Tatsächlich ist das strategische Problem der SPÖ empirisch messbar: Seit Monaten profitiert die FPÖ von der schwächelnden Bundesregierung viel stärker als die SPÖ und liegt (siehe KURIER-OGM-Umfrage vom 20. Februar) stabil auf Platz eins.
Was Funktionäre in den SPÖ-Landesparteien irritiert, ist, dass die Bevölkerung genau die Themen umtreiben, die die SPÖ als „Markenkern“ (© Deutsch) definiert, also: Arbeit, soziale Sicherheit und medizinische Versorgung. Zuspruch erhält die Partei dafür aber nur bedingt.
Ist die SPÖ nur deshalb nicht auf dem ersten Platz, weil Pamela Rendi-Wagner in Permanenz mit Autorität und internen Querschüssen kämpft? Auf diese Frage scheint es – noch – keine eindeutige Antwort zu geben.
Sollte die erste Frau an der SPÖ-Spitze auf die Spitzenkandidatur verzichten, wäre Michael Ludwig laut Umfragen Favorit unter SPÖ-Sympathisanten; betrachtet man alle Wähler, wird Hans Peter Doskozil am meisten zugetraut. Das beantwortet aber nicht endgültig, wie sich all jene verhalten, die derzeit nicht die SPÖ wählen. Denn bei der Frage, ob die SPÖ mit oder ohne Rendi-Wagner wählbarer wäre, ist das Bild diffus (rechts).
Anders, nämlich sehr scharf, werden die Ansagen, die morgen beim politischen Aschermittwoch der steirischen SPÖ kommen. Nach zwei Jahren Pause lädt eine Gruppe um den früheren Bundesgeschäftsführer Max Lercher nach Judenburg. Und zum Heringsschmaus der traditionell selbstkritischen Ortsgruppe „Obersteiermark West“ kommt AK-Präsidentin Renate Anderl. Vielleicht hat ja die oberste Arbeitnehmer-Vertreterin eine Idee, wie man der FPÖ den Schneid abkauft.
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