Auf dem Prüfstand: Was ein Diplomat können muss

Die Bestellung von Etienne Berchtold, dem langjährigen außenpolitischen Sprecher von Ex-Kanzler Sebastian Kurz, zum Botschafter in den Vereinten Arabischen Emiraten sorgt seit einigen Tagen für heftige Debatten.
Die Gleichbehandlungskommission hatte festgestellt, Berchtold sei aufgrund parteipolitischer Interessen bevorzugt worden, ein anderer Bewerber dadurch nicht zum Zug gekommen. Außenminister Alexander Schallenberg wies das entschieden zurück. Auch eine ehemalige Spitzendiplomatin sagt zum KURIER: „Ich habe selten jemanden getroffen, der außenpolitisch so interessiert und versiert ist, der so belesen und informiert ist, wie Etienne Berchtold.“
Doch auch vom konkreten Fall abgesehen, hat die Debatte Fragen aufgeworfen. Wer entscheidet etwa, anhand welcher Kriterien, wer wo Botschafter wird? Was steht dazu im Gesetz, und wie geht es nach der Bestellung weiter? Der KURIER hat die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengetragen.
Welche Voraussetzungen müssen Bewerber für Botschafterposten erfüllen?
Nur Karrierediplomaten können in Österreich Botschafter werden. Das heißt, nur Personen, die die Aufnahmsprüfung für das Außenministerium (siehe Infobox) bestanden haben, können sich bewerben. „Es liegt im Interesse des auswärtigen Dienstes, jene Person auszuwählen, die aufgrund ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten bestmöglich für die Vertretung österreichischer Interessen im Ausland geeignet ist“, heißt es aus dem Außenministerium.
Zu den vorausgesetzten Kenntnissen und Fähigkeiten zählen u. a. Eignung zur Mitarbeiterführung und -motivation, soziale Kompetenz, Teamfähigkeit, persönliche Integrität, Verhandlungsgeschick, Druck- und Krisenresilienz sowie Kommunikationsfähigkeit.
Höherer auswärtiger Dienst
Rund 450 Mitarbeiter des Außenministeriums gehören dem höheren auswärtigen Dienst an. Sie arbeiten entweder in der Zentrale des Außenministeriums oder an den mehr als 100 Vertretungsbehörden (z. B. Botschaften, Ständige Vertretungen an internationalen Organisationen und Kulturforen) im Ausland.
Auswahlverfahren
Für die Aufnahme in den höheren auswärtigen Dienst muss ein mehrstufigen Auswahlverfahrens („A-Préalable“) absolviert werden.
Ständige Begutachtungskommission
setzt sich gemäß Ausschreibungsgesetz aus je einem Mitglied der Personalvertretung und der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst sowie zwei Führungskräften – je einem Mann und einer Frau – des Außenministeriums zusammen. Die Gleichbehandlungsbeauftragte des Ministeriums nimmt als Beraterin an ihren Sitzungen teil.
Wie funktioniert das Ausschreibungs- bzw. Bestellungsverfahren?
Der Auswahlprozess für die Leitung der österreichischen Vertretungen im Ausland ist im Ausschreibungsgesetz geregelt. Darin ist vorgesehen, dass alle Botschafterposten öffentlich ausgeschrieben werden müssen. Nach mindestens einem Monat Bewerbungsfrist beurteilt eine unabhängige Kommission die Bewerber und stuft sie ein. Dabei werden Persönlichkeit, Fähigkeiten, Motivationen, Kenntnisse, Fertigkeiten, Ausbildung und Erfahrungen geprüft.
Doch: „Nicht alle diese Kenntnisse und Fähigkeiten lassen sich in Zahlen messen, sondern werden von den Kommissionsmitgliedern aufgrund der bisherigen Leistungen und des Einsatzes der Bewerber bewertet“, teilt das Außenministerium auf Anfrage mit.
Die Entscheidung der Kommission geht dann in Form eines Gutachtens an den Minister. Dieser hält sich im Normalfall an die Empfehlung der Kommission. Er legt seinen Besetzungsvorschlag dem Ministerrat zur Zustimmung vor. Danach gibt es noch Formalien zu erledigen, etwa die Einholung der Entschließung des Bundespräsidenten.
Was verdient ein Botschafter?
Die Gehälter für Diplomaten sind gesetzlich geregelt. Das Anfangsgehalt während der Ausbildungsphase liegt aktuell bei 3.289,40 brutto. Danach unterscheidet es sich unter anderem je nach Erfahrung und Einsatzort (siehe Interview unten).
Wie lang kann jemand an einem Ort Botschafter sein?
Die typische Einsatzdauer im Ausland beträgt vier Jahre, kann aber je nach Art und Belastung des jeweiligen Einsatzes auch kürzer, in Ausnahmefällen auch etwas länger sein.
Warum ist ein regelmäßiger Standortwechsel vorgesehen?
Bedienstete des auswärtigen Dienstes wechseln regelmäßig zwischen Dienststellen im In- und Ausland. Das betrifft nicht nur Botschafter, sondern alle entsandten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Botschaften, Generalkonsulate, Kulturforen und Ständigen Vertretungen bei internationalen Organisationen.
Laut Außenministerium soll ein regelmäßiger Standortwechsel unter anderem sicherstellen, dass die entsandten Bediensteten weiterhin die Interessen Österreichs vertreten und in Politik, Kultur und Gesellschaft ihres Heimatlandes verwurzelt bleiben. Die sogenannte „Rotation“ sei aus genau diesen Gründen in allen diplomatischen Diensten der Welt Standard.
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