Asyl: "Mit den Ländern an einem Strang ziehen"

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, der niederösterreichische Landesrat Maurice Androsch und Peter Kaiser.
Von einem "Ultimatum" war heute keine Rede mehr. Beschlossen wurde ein Zehn-Punkte-Programm.

Die Beratungen der Länder mit Johanna Mikl-Leitner in St. Pölten zu den Quartieren für Asylwerber sind beendet. Genau genommen war es ein Treffen der Landesflüchtlingsreferenten, an dem dann auch die Innenministerin teilnahm. Das von ihr ausgerufene Ultimatum an die Länder zur Unterbringung von Flüchtlingen lief heute aus.

Entschieden wurde von den Landesräten ein Zehn-Punkteprogramm. Deutschkurse und Qualifizierungsmaßnahmen gehören dazu. Ebenso die Bekämpfung der Schlepperbanden. Nach einer 1,5-stündigen Verspätung trat die Innenministerin vor die Presse. Sie sprach die schlimme Situation in Italien und Frankreich an. "Und auch wir in Österreich haben eine Ausnahmesituation. Allein letzte Woche hatten wir 2000 Asylanträge". Das sei ein neuer Rekord, sagte die Innenministerin. 1020 Asylwerber sind in "Übergangszelten" untergebracht.

Traiskirchen darf kein "Puffer" mehr sein

Vorwerfen will sie den Ländern nichts, aber man müsse jetzt "gemeinsam an einem Strang" ziehen. Die Diskussion um die Erfüllung der Quoten wird seit Jahren geführt. Beschlossen wurde ein neues Grundversorgungssystem. Damit sollte es zu einer fairen Verteilung auf die Bundesländer kommen. "Was bleibt ist das Unterbringungsproblem", sagte Mikl-Leitner. Thalham und Traiskirchen dürften nicht mehr als "Puffer" herhalten.

Liste mit den Quoten aller Bezirke: Asyl-Datentabelle

Salzburg und Tirol hätten zugesagt, bis nächste Woche die 100-Prozent-Quote zu erfüllen. Kärnten, Burgenland, OÖ und Vorarlberg könnten das noch nicht. Deshalb wurden Notmaßnahmen beschlossen. Notwendig seien "Adaptierungsarbeiten" an den bereits vorhandenen Quartieren. Mikl-Leitner betont, dass es "feste Quartiere" sein müssten, "egal ob es Gasthöfe oder Kasernen" sind. Wo genau die neuen Notquartiere sind, wollte die Innenministerin noch nicht sagen. Sie will das den Bürgermeistern nicht über die Medien ausrichten.

Sie freut sich über den Schulterschluss auch auf Bundesebene. Beim Regierungsgipfel nächste Woche werde man sich erneut dieses Themas annehmen. Ziel sei auf lange Sicht eine verpflichtende Quote für alle EU-Länder.

"Dringender Appell"

Im Vorfeld des "Asylgipfels" trafen sich der frisch angelobte steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und sein niederösterreichische Amtskollege Erwin Pröll. Beide waren sich einig: Der Kanzler müsse sofort tätig werden. Von Bundeskanzler Werner Faymann kommt zu wenig Initiative in Sachen Asyl. "Er degradiert sich selbst zum Zuschauer", sagte Pröll. Und Schützenhöfer ergänzte: "Die derzeitige Situation ist nicht Aufgabe einer einzelnen Ministerin, die gesamte Regierung ist gefordert. Und diese Regierung hat einen Vorsitzenden."

Der dringende Appell an Faymann: Der Kanzler müsse sofort Gespräche mit den Regierungschefs der EU-Nachbarn aufnehmen. "Da lehnen sich einige Mitgliedsstaaten zurück", kritisierte Pröll. "Die tschechische Republik etwa hat insgesamt zur Stunde 600 Flüchtlinge untergebracht." Gerade aus Sicht zweier Bundesländer, die - neben Wien - die einzigen sind, die die geforderte Unterbringungsquote erfüllen, sei hier mehr Unterstützung seitens des Bundeskanzlers gefragt.

"Wir wollen wissen, ob der Kanzler das Asylthema bei seiner jüngsten Reise nach Griechenland angesprochen hat", sagte Pröll. Gerade über Griechenland kämen zahlreiche Flüchtlinge auch nach Österreich. Pröll kündigte eine parlamentarische Anfrage der ÖVP an Faymann an.

Schützenhöfer betonte, dass bei der Flüchtlingsunterbringung die Grenzen des Machbaren "für unser kleines Land" erreicht seien. Zwar lehne er einen generellen Aufnahmestopp ab, dennoch sei es dringend an der Zeit, eine gesamteuropäische Lösung herbeizuführen.

In der Wiener Neustädter Regierung bleibt die Situation zwischen den Partnern FPÖ und ÖVP auch nach einer Aussprache am Freitag angespannt. Bürgermeister Klaus Schneeberger (ÖVP) hatte am Vortag angeboten, in der Veranstaltungshalle Arena Nova vorübergehend 400 Asylwerber unterbringen zu wollen - allerdings, ohne dies mit den Freiheitlichen abzusprechen.

Es sei zwar gelungen, die Anzahl der Flüchtlinge auf 250 zu reduzieren, dies ist aber laut Aussendung der FPÖ "kein Garant für eine weitere Zusammenarbeit". Außerdem habe man klargestellt, dass nach Ablauf der Frist (Ende August, Anm.) keine Bleibe zur Verfügung gestellt werde: "In unserer Verantwortung wird es kein Massenlager in Wiener Neustadt geben", betonte Bürgermeister-Stellvertreter Michael Schnedlitz (FPÖ).

Dringender Hilferuf

"Die Kommunikation war nicht optimal", räumte Philipp Gruber, Gemeinderat und Wiener Neustädter ÖVP-Klubobmann, im Gespräch mit der APA ein. In diesem Zusammenhang sah er die Kritik der FPÖ durchaus als "berechtigt" an. Er verwies aber gleichzeitig darauf, dass Schneeberger in seiner Funktion als Vorsitzender der Arena Nova, "diesen dringenden Hilferuf der Innenministerin Folge geleistet hat".

Die Zusammenarbeit zwischen ÖVP, FPÖ, Grüne und zwei Namenslisten in Wiener Neustadt nach den Gemeinderatswahlen im Jänner ist erst wenige Monate alt. Dadurch erhielt die Stadt mit Schneeberger erstmals einen schwarzen Bürgermeister. "Vollste Unterstützung" für die Unterbringung von Asylwerbern in der Veranstaltungshalle kam vom SPÖ-Bezirksvorsitzenden Abg. Peter Wittmann.

Kommentare