Arbeitslosengeld: Großes Regierungsprojekt offenbar abgesagt

PK "DIGITAL SKILLS IN DER ARBEITSWELT": KOCHER
Türkise und grüne Verhandler rechnen nicht mehr mit Abschluss. Ministerium räumt ein, dass der Zeitplan geplatzt sei.

Die große Reform des Arbeitslosengeldes ist offenbar abgesagt. Das wird dem KURIER aus grünen und türkisen Verhandlerkreisen erzählt. Das zuständige Arbeitsministerium dementiert jedoch: „Die Gespräche laufen noch.“

Allerdings räumt auch das Arbeitsministerium ein, dass der Zeitplan nicht mehr zu halten sei, selbst wenn man sich politisch doch noch einigen sollte. Begutachtungsfrist und parlamentarisches Prozedere ließen einen Nationalratsbeschluss vor Weihnachten als illusorisch erscheinen. Und die Umsetzung eines so großen Projekts sei vor 2025 sowieso nicht möglich – unausgesprochener Nachsatz: Dann gibt es diese Regierung nicht mehr.

Der KURIER recherchierte die Hintergründe für das Scheitern.

 

Die Reform hätte eine Umstellung des Arbeitslosengeldes bedeutet: Von einem hohen Einstiegssatz von etwa 70 Prozent des letzten Erwerbseinkommens wäre es mit der Zeit auf die derzeitige Nettoersatzrate von 55 Prozent gefallen.

Aus Sicht der Wirtschaft wäre das auf eine reine Erhöhung des Arbeitslosengeldes hinausgelaufen.

Gemeinsamer Nenner von Türkis und Grün war zu klein

Zuletzt soll die Wirtschaft zwar bereit gewesen sein, diese Erhöhungen zu akzeptieren, wenn einige andere Bestimmungen, unter anderem die Möglichkeit eines Zuverdiensts bis zu 480 Euro im Monat, gestrichen worden wären. Darauf wollten sich dem Vernehmen nach die Grünen nicht einlassen.

„Unterm Strich ist man draufgekommen, dass die Vorstellungen der beiden Parteien zu weit auseinanderliegen. Der gemeinsame Nenner für eine große Reform hat sich als zu klein herausgestellt“, sagt ein mit der Materie Vertrauter.

Reformdruck verpufft

Hinzu kommt, dass der Druck für eine Reform weggefallen ist. Der Arbeitsmarkt ist leer gefegt, die Nachfrage nach Arbeitskräften ist enorm. „Es braucht derzeit keine motivierenden Arbeitsmarktreformen, denn es gibt de facto keine Arbeitslosen“, heißt es. Die Verhandlungen für die Reform hätten zu lange gedauert, sodass sich das Projekt überholt habe.

Minister Martin Kocher hat kürzlich schon vorgebaut und gegenüber Journalisten durchblicken lassen, dass mit einem Scheitern des Projekts zu rechnen sei. Der Minister hatte sich eine Frist bis Jahresende gesetzt.

Daniela Kittner

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