Chats
„Perfide“, nennt das der Anwalt des Klägers. „Vergewaltigung ist von allen Straftaten am schwierigsten zu widerlegen.“ In seinen Augen sei das aber gelungen – mithilfe von alten Chats, die in dem Verfahren noch öfter Thema sein werden.
Die beiden jungen Männer allerdings bleiben bei ihren Aussagen. „Das erste Mal wirklich wahrgenommen habe ich ihn auf Grindr (der größten Plattform in der LGBTQAI+-Community, Anm.)“, erzählt ein Angeklagter. Erst sei es zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr gekommen. Der Kontakt blieb bestehen. „Aus Opportunismus“, wie er sagt. Es sei schön gewesen, in diesen „Lebenskreis“, den der Politiker pflegte, einzutauchen.
Nackt im Hotelzimmer
Bei einem Treffen Jahre später allerdings soll er plötzlich in einem Hotelzimmer nackt vor ihm gestanden – und ihn zu sexuellen Handlungen aufgefordert haben. „Davor hat er noch Poppers (eine gängige Droge in der Schwulenszene, Anm.) genommen“, schildert der junge Mann. Er sei geflüchtet.
Als der Politiker wieder Kontakt aufnahm, schrieb der junge Mann: „Endet das dann wie das letzte Mal?“ An die Nachricht hängte er drei Smileys an.
Netzwerk-Pflege
Der andere Angeklagte schildert: Er habe mit dem Politiker Kontakt gehalten, weil er in der Partei so ein gutes Netzwerk hatte. „Ich war ein frischer Funktionär.“ Und so begleitete er ihn auch zu einer Schwulenparty. „Als ich gehen wollte, hat er mich noch zu einem Getränk überredet. Wenig später war ich bewusstlos. Aufgewacht bin ich im Bett in seiner Wohnung.“ Er habe sich wehren wollen, erzählt er. „Aber ich konnte nicht. Unter der Dusche habe ich dann geweint.“
Flurfunk in der Partei
Er habe den Zwischenfall verdrängt. Hatte noch regelmäßigen Kontakt mit dem Politiker. Erst während der Corona-Zeit sei ihm die Erinnerung zurückgekommen. „Ich war dann in psychologischer Behandlung. Ich habe mit der Anzeige gezögert, weil ich mir gedacht habe: Was bedeutet das innerhalb der Partei? Die Leute reden dann. Der Flurfunk funktioniert bei uns sehr gut.“
„Alles erstunken und erlogen“, kontert der Anwalt des Politikers. Der Kläger selbst wird erst beim nächsten Verhandlungstermin aussagen.
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