Angepasste Corona-Impfstoffe kommen: Für 4. Stich darauf warten?

Angepasste Corona-Impfstoffe kommen:  Für 4. Stich darauf warten?
Gesundheitsminister und Experten raten zu baldigem Impfen

Es waren zwei Ereignisse an zwei aufeinanderfolgenden Tagen, die nun eine große Frage aufwerfen. Zuerst empfahl das Nationale Impfgremium (NIG) am Mittwoch den vierten Stich für alle ab zwölf Jahren. Gesundheitsminister Johannes Rauch schloss sich dieser Empfehlung an und rief zur neuerlichen Impfung gegen das Coronavirus auf.

Am Donnerstag bestätigte die EU-Arzneimittelbehörde EMA dann die Zulassung der ersten an Omikron angepassten Impfstoffe. Sie sollen in den nächsten Wochen nach Österreich geliefert werden.

Die große Frage lautet nun: Jetzt impfen – oder warten, bis der angepasste Impfstoff in Österreich ist?

Die Antwort des Gesundheitsministers ist klar: Die Zulassung der neuen Impfstoffe sei „kein Grund, eine Impfung weiter aufzuschieben und auf die Variantenimpfstoffe zu warten“. Das Nationale Impfgremium empfehle ausdrücklich, die bereits verfügbaren Impfstoffe in Anspruch zu nehmen, wenn der nächste Impftermin in den kommenden Tagen bzw. Wochen bevorsteht. Auch er habe sich Mitte August seine Auffrischungsimpfung geben lassen und nicht auf die Variantenimpfstoffe gewartet.

Anders sieht das Deutschlands Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Er schlägt vor, „die paar Tage“ auf die neuen Impfstoffe zu warten.

Von wissenschaftlicher Seite betrachtet, kommt es auf die Zielsetzung an, sagt Gerald Gartlehner, Leiter des Departments für Evidenzbasierte Medizin, Donau-Uni Krems. „Heißt das Ziel, schwere Erkrankungen zu vermeiden, sollten jene, die jetzt den vierten Stich brauchen, nicht zuwarten.“ Denn auch bei den nun von der EMA zugelassenen, angepassten Impfstoffen sei der Schutz vor einer Infektion mit den neuen Varianten BA.4 und BA.5 „nicht so optimal“. Den Schutz vor einer schweren Erkrankung als Ziel böten auch die bereits verfügbaren Impfstoffe, so Gartlehner.

Zudem glaubt er, die angepassten Impfstoffe seien „nur marginal besser“ als die verfügbaren. „Aber nicht so substanziell, wie viele in der Bevölkerung glauben.“ Jene, die es brauchen, sind übrigens Menschen über 60 sowie alle mit einem höheren Risiko für schwere Erkrankungsverläufe.

Angepasste Corona-Impfstoffe kommen:  Für 4. Stich darauf warten?

Kritik übt der Experte allerdings an der Empfehlung des NIG, den vierten Stich ab zwölf Jahren zu verabreichen. „Das ist nicht nachvollziehbar. Ich hätte mir da mehr Transparenz gewünscht, worauf sich diese Entscheidung stützt.“ Er fürchtet, das Thema „wird nun nur mehr als generelle Diskussion um die Impfung wahrgenommen, und nicht, dass der vierte Stich für manche Gruppen wichtig wäre“. Mit der Empfehlung für den vierten Stich ab zwölf Jahren könne eine neue Welle aus epidemiologischer Sicht nicht verhindert werden. „Das wird keinen Einfluss auf die Entwicklung der Pandemie haben.“

Übrigens: Die „alten“ Impfstoffe werden weiterhin gebraucht – und nicht weggeschmissen. Die EMA-Zulassung der neuen Vakzine gilt nämlich nur für den dritten und vierten Stich und nicht für Kinder.

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