AMS-Kürzungen: Bei Erwachsenenbildnern droht massive Kündigungswelle
Infolge der Kürzungen beim Förderbudget des Arbeitsmarktservice ( AMS), deren genaues Ausmaß noch nicht bekannt ist, rechnet die Erwachsenenbildungsbranche mit einer Kündigungswelle. Beim BFI Wien sind schon jetzt 50 Leute beim AMS-Frühwarnsystem angemeldet, weitere Kürzungen werden die gesamte Branche massiv treffen, sagte BFI-Wien-Geschäftsführer Franz-Josef Lackinger am Freitag zur APA.
Es gebe jetzt schon budgetäre Einschränkungen in Vorbereitung auf die Kürzungen 2019. "Wenn diese Kürzungen mehr ausmachen als ursprünglich geplant, dann wird das die Branche massiv treffen", so Lackinger. Beim BFI Wien werde der Mitarbeiterstand von 670 Personen bereits Monat für Monat reduziert. Durch die verzögerten Beauftragungen durch das AMS - das wiederum selber auf kaufmännische Vorsicht angesichts der unsicheren Budgetlage verweist - seien schon jetzt deutliche Effekte spürbar. "Wer vom AMS keinen Kurs mehr bekommt ist in der Regel nicht in der Lage, sich den Kurs selber zu finanzieren", gibt Lackinger zu bedenken. Für das BFI sei es auch daher nicht möglich, mit privatfinanzierten Kursen den Ausfall von AMS-finanzierten Kursen gegenzufinanzieren.
Weniger Deutschkurse
Der Betriebsratsvorsitzende des BFI Wien und gpa-djp-Verhandler für die Erwachsenenbildner, Christian Puszar, bestätigte am Freitag im Ö1-Mittagsjournal des ORF-Radio, dass alle Kurse, und dadurch jede Gruppe von Arbeitssuchenden, von den Kürzungen beim AMS-Budget betroffen sei. Demnach geht es um Junge und Ältere, Menschen die Deutschkurse, Englischkurse oder Qualifizierungsmaßnahmen bräuchten. Er rechne leider mit einem Abbau von weit mehr als 10 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denn fast 10 Prozent seien schon in den letzten paar Monaten weggefallen. "Das wird schlimmer kommen", so Puszar.
Stichwort Deutschkurse. Wien reduziert das Angebot von Deutschkursen für Asylwerber deutlich. Konkret werden im heurigen Kursjahr, das im Juli begonnen hat, nur noch 5.000 Plätze angeboten. Zuvor waren es 10.000 Plätze. Der Hauptgrund: Der Bund beteiligt sich nicht mehr an der Finanzierung - was Sozialstadtrat Peter Hacker und Integrationsstadtrat Jürgen Czernohorszky (beide SPÖ) im APA-Gespräch scharf kritisieren.
Laut Hacker bräuchte es in der Bundeshauptstadt derzeit rund 7.500 Plätze. Der Bedarfsrückgang hat damit zu tun, dass nach dem deutlichen Abflauen der großen Flüchtlingsbewegung inzwischen weniger Menschen in der Grundversorgung sind. Im Juli 2017 waren es 20.600 Personen, die auf einen Asylbescheid gewartet hatten, im Juli 2018 17.400. Wobei zu beachten ist, dass viele davon Schüler sind, die Deutsch sowieso in der Schule lernen. Das Angebot der Stadt richtet sich indes an Über-15-Jährige.
"Wir lassen uns nicht aus der Hand nehmen, dass wir die Maßnahmen, die es braucht, selber ergreifen", betonte Czernohorzsky. Das heißt: Wien stemmt die Verlängerung des Angebots selbst - auch wenn es nur 5.000 Plätze sind. Wobei das Paket in Höhe von fünf Mio. Euro wie bisher vom Europäischen Sozialfonds ESF kofinanziert wird.
Kein Geld mehr gibt es von der Bundesregierung - und das trotz anderslautender Ankündigungen, wie Czernohorzsky betont: "Die Integrationsministerin (Karin Kneissl, FPÖ, Anm.) hat angekündigt, dass es zumindest für Asylwerber mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit Mittel geben wird. Jetzt sehen wir: Das ist nicht der Fall." Und das betreffe auch alle anderen Bundesländer und Kommunen, wobei man sich auf dieser Ebene einig sei, dass es Maßnahmen brauche, verweisen die beiden Sozialdemokraten auf entsprechende Beschlüsse der Flüchtlings- und Integrationsreferenten.
"Der Bund zieht sich davon zurück, real existierende Probleme lösen zu wollen", ergänzt Hacker. Das sei verantwortungslos. Denn derzeit dauerten Asylverfahren in Österreich zwei Jahre und länger: "Diese Zeit in der Grundversorgung darf nicht sinnlos verstreichen." Keine Begleitmaßnahmen in puncto Integration ab dem ersten Tag zu setzen, erzeuge hohe gesellschaftliche Folgekosten, erklärte Czernohorszky.
Ruf nach Fachkräftemilliarde
Von der Gewerkschaftsjugend kommt der Ruf nach einer Fachkräftemilliarde. Diese würde die Ausbildung von Lehrlingen sichern und das AMS-Budget entlasten, erklärt Susanne Hofer, Vorsitzende der Österreichischen Gewerkschaftsjugend (ÖGJ) in einer Aussendung. Sie fordert einen Ausbildungsfonds (Fachkräftemilliarde), in den jene Firmen einzahlen, die nicht ausbilden, obwohl sie es könnten, und aus dem jene Betriebe, die selber qualitativ hochwertig ausbilden, Förderungen erhalten. Der Fonds soll durch ein Prozent der Jahresbruttolohnsumme durch die Unternehmen finanziert werden. Laut Prognosen wären das für das Jahr 2018 rund 1,8 Milliarden Euro, die für die Fachkräfte Aus- und Weiterbildung verwendet werden könnten. Mit der Fachkräftemilliarde sollen auch die Plätze in überbetrieblichen Ausbildungsplätzen finanziert werden, die derzeit der Bund (über das AMS) finanziert. "Damit wäre den Jugendlichen, die eine Ausbildung machen wollen, geholfen. Das AMS würde finanziell entlastet und dem Facharbeitsmangel würde entgegengewirkt werden", so Hofer abschließend.
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