Im Rahmen des Regierungsprogramms wurden dafür entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt, die budgetär abgesichert sind. Für den Vollausbau stehen „mehr als 20 Millionen Euro zur Verfügung. Geprüft wird außerdem, inwieweit andere Berufsgruppen zusätzlich zu Schulpsychologie und Schulsozialarbeit im Schulsystem zum Einsatz kommen können.“
Schulpsychotherapie wäre wichtig
Gebraucht werden nämlich nicht nur Schulpsychologen, deren Aufgabe vor allem die Diagnose von Lernschwächen oder psychischen Problemen ist, sondern auch Psychotherapeuten. Darauf weist Béa Pall vom Bundesverband für Psychotherapie hin. Sie verweist auf ein Pilotprojekt, das in einigen Schulen in Österreich schon angelaufen ist. „In diesen Schulen steht eine psychotherapeutische Fachkraft jede Woche für vier Stunden zur Verfügung. Sie ist für die jungen Menschen, aber auch für die Lehrkräfte und die Eltern eine wichtige Anlaufstelle“, erzählt Pall.
Aus Erfahrung weiß sie, dass dieses niederschwellige Angebot höchst effektiv ist: „Wer in Beziehung mit Schülern, Schülerinnen und den Schulpartnern steht, der kann Krisen oft abfangen, bevor sie überhaupt entstehen.“
Bleibt die Frage, ob diejenigen, die diese Hilfe am meisten benötigen, den Schritt zur Schulpsychotherapeutin wagen. „Wir haben oft erlebt, dass zum Beispiel Mitschülerinnen oder Lehrkräfte Jugendliche ermutigen zu kommen – etwa dann, wenn ein Schüler sich auffällig aufhält, wenn er etwa besonders ruhig ist.“
Das Problem: „Derzeit müssen die Schulen das Geld für die schulpsychotherapeutische Beratung selbst auf die Beine stellen – rund 16.000 Euro pro Jahr und Standort.“
Schule setzt Kinder unter Druck
Auf einen weiteren Aspekt macht Margit Schmied aufmerksam. Sie hat eine Praxis für Psychotherapie mit Kassenvertrag und erlebt in ihrer Praxis tagtäglich, womit die Kinder zu kämpfen haben. Erschreckend: „Ich habe schon Erstklässler bei mir, die unter dem enormen Leistungsdruck leiden, den die Schule auf sie ausübt – durch Prüfungsstress oder überbordenden Lernstoff.“
Das habe ihrer Meinung nach mehrere Gründe: „Seit es mehr Tests wie die Bildungsstandards oder jetzt die Kompetenzerhebung IKM Plus gibt, stehen alle unter Druck – auch die Lehrer, die diesen dann direkt an die Kinder weitergeben“, stellt Schmied fest. Der schulische Druck gepaart mit familiären Problemen wie Trennung, Krankheit oder Armut ist für viele Kinder dann zu viel.
Schmieds Resümee: „Die Schule ist oft kein Ort der Geborgenheit, sondern ein Ort der Angst." Und sie nennt ein Beispiel: „In einer Schule müssen die Schüler für den Förderunterricht in einem Vorraum, der für alle einsehbar ist. So werden diese Kinder doppelt stigmatisiert. Die Folge: „Immer mehr junge Menschen fallen aus dem System.“
Die Rolle der Schulpsychologie sieht Schmied kritisch: „Sie ist Teil des Systems und wird deshalb nie strukturelle Probleme ansprechen. Wenn es zum Beispiel einen Lehrer gibt, der überfordert oder respektlos mit den Kindern umgeht, wird die Schulpsychologie wohl kaum versuchen, dass sich der Lehrer ändert.“
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