Van der Bellen: Der Professor zieht in die Hofburg ein

Der neue Bundespräsident Alexander Van der Bellen.
Am Ende konnte er sich doch noch durchsetzen. Nach einer zweitägigen Aufholjagd ist Alexander Van der Bellen Bundespräsident.

Wenn weißer Rauch im Vatikan aufsteigt, gibt es einen neuen Papst. Wenn blauer Rauch aus der Hofburg dringt, hat Österreich einen neuen Bundespräsidenten, der Alexander Van der Bellen heißt. Dass er in der Hofburg rauchen darf, das hat er nämlich schon abklären lassen.

Ab 8. Juli sitzt also ein Grüner in der Hofburg. "Against all odds", wie er Sonntag Abend bei seiner Wahlparty sagte. Und "arschknapp", wie er auch gerne sagt. Dem Ausland hat er den Schock erspart, dass ein FPÖ-Kandidat das höchste Amt des Landes übernimmt; und die "blaue Republik", vor der er gewarnt hat, ist erstmal abgesagt.

"Arschknapp" ist es gewesen

Das heißt aber auch: Viele von denen, die ihn gewählt haben, haben das nicht aus Überzeugung getan, sondern um den Gegenkandidaten zu verhindern. Er ist nicht der erste grüne Präsident, weil Österreich nach links gerückt wäre. Er ist es, weil die Regierungsparteien im ersten Wahlgang abgestraft wurden und sich vom Bundeskanzler abwärts fast alle im zweiten Wahlgang auf ihn festgelegt haben. Und trotzdem war es eben "arschknapp".

Das heißt natürlich nicht, dass Alexander Van der Bellen nur durch glückliche Umstände in die Hofburg eingezogen ist. Der grüne "Professor" ist einer der wenigen Politiker, der über Parteigrenzen hinweg beliebt und geachtet ist. Er hat sich lange bitten lassen, bis er seinen Antritt zur Wahl bekanntgegeben hat; noch in seinem im September 2015 erschienen autobiografischen Buch "Die Kunst der Freiheit" schrieb er, dass die Funktion des Bundespräsidenten mit seinem Anspruch auf Privatsphäre im Grunde unvereinbar sei. Gleichzeitig werde nur wenigen die Ehre und das Vertrauen zuteil, als zumindest nicht aussichtsloser Kandidat für dieses Amt zu gelten.

Führte die Grünen auf den dritten Platz

Zuletzt hatte Van der Bellen nur noch als Politpensionist agiert. Bei der Wiener Gemeinderatswahl 2015 trat er nicht mehr an, nachdem er sich schon lange geziert hatte, sein 2010 per Vorzugsstimmen errungenes Mandat im Stadtparlament überhaupt anzunehmen. Das passt ins Bild, erfolgte doch auch der Start seiner politischen Karriere nicht übermäßig früh.

"Entdeckt" wurde der Volkswirtschaftsprofessor vom grünen Mitbegründer Peter Pilz. 1992 kandidierte Van der Bellen für die Grünen für das Amt des Rechnungshofpräsidenten, 1994 wurde er Nationalratsabgeordneter. Drei Jahre später trat er schließlich sein Amt als Bundessprecher an - damals mit dem Ziel, "die Partei endlich einmal von dieser existenzbedrohenden Vier-, Fünf-Prozent-Marke wegzubekommen".

Im Laufe seiner elfjährigen Funktion als Bundessprecher ist Van der Bellen dies - neben der strukturellen Konsolidierung einer bis dahin stark zerstrittenen Bewegung - auch gelungen. Stand die Partei zu Beginn gerade einmal bei 4,8 Prozent, überholten die Grünen bei der Nationalratswahl 2006 mit elf Prozent knapp die FPÖ und wurden drittstärkste Kraft im Land. Dies war sein größter Erfolg. Beim Urnengang 2008 verlor die Ökopartei Stimmen, worauf der Professor abrupt und für viele überraschend das Handtuch warf. Seine womöglich größte politische Niederlage erlitt Van der Bellen allerdings schon 2002, als die schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen platzten.

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