Ärztekammer lehnt Ländervorstoß für eigene Ärzteausbildung ab

Ärztekammer lehnt Ländervorstoß für eigene Ärzteausbildung ab
Präsident Szekeres fürchtet um Qualität, Kammer warnt auch vor Ärztemangel wegen unattraktiven Arbeitsplätzen

Die Ärztekammer hat eine Inseratenkampagne gestartet, in der sie den 200.000 Menschen in den Gesundheitsbereichen dankt und auf das bewährte Gesundheitssystem verweist. Auch, weil entgegen Plänen der Politik eben keine Intensivbetten abgebaut wurden, betont Präsident Thomas Szekeres.

Doch für die Zukunft bangen die Ärzte um Österreichs Gesundheitssystem, gleich aus mehreren Gründen:

Nein zu einer Ärzte-GmbH

„Seitens der Länder wird in diesem Moment an einer GmbH gefeilt, die diese Aufgabenbereiche übernehmen soll. Damit würde die Ärzteausbildung zur Ländersache werden“, warnt Herwig Lindner Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Präsident der Ärztekammer Steiermark.

Auch wenn die Absicht der Landespolitik vorhanden sein mag, für Weisungsungebundenheit sorgen zu wollen, sei zu befürchten, dass Auditoren, die in politischen Abhängigkeiten stehen, wohl kaum objektiv sein werden. „Unabhängige Entscheidungen, ob ein Spital die Bedingungen für eine qualitätsvolle Ausbildung erfüllt, könnten nicht mehr sichergestellt werden. Die Länder würden die Qualitätssicherung in der Ausbildung ins letzte Jahrtausend zurück katapultieren“, so Lindner.

Für ÖÄK-Präsident Szekeres ist klar, dass bewährte Lösungen nicht zugunsten persönlicher oder politischer Eitelkeiten aufgegeben werden dürfen. „Wir Ärztinnen und Ärzte sind seit vielen Jahren selbst für die Ausbildung zuständig“, sagt der ÖÄK-Präsident. Das sei ein großer Vorteil: „Da wir täglich die Patientinnen und Patienten betreuen wissen wir genau, was künftige Kolleginnen und Kollegen für Kompetenzen brauchen und wie man sie bestmöglich ausbildet.“

Ein weiterer Vorteil sei, dass die Qualitätssicherung besser funktioniere, weil diese politisch unabhängig und mit medizinischen Fachkenntnissen erfolge. Das sei ein System, das bislang sehr gut funktioniert habe.

Doch: „Leider gibt es Überlegungen und Bemühungen der Politik, uns Ärztinnen und Ärzte diese Unabhängigkeit in Ausbildungs- und Qualitätsfragen wegzunehmen“, kritisiert Szekeres. Grund sei, dass Ärztinnen und Ärzte nicht auf Zuruf der Politik allgemein und schon gar nicht von Parteien agieren würden, das sei vielen Politikern ein Dorn im Auge. „Die Pandemie hat aber gezeigt, dass alle diese Aufgaben bei uns am besten aufgehoben sind. Wir gehen also davon aus, dass die Überlegungen der Politik hinsichtlich der Kompetenzbeschneidung der Ärztekammer und damit der Ärzteschaft selbst wieder verworfen werden“, sagt Szekeres.

Mangel an Facharzt-Praxen

Johannes Steinhart, ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, sieht noch ein weiteres Problem: „Gerade im kassenärztlichen Bereich droht uns bald eine katastrophale Situation. Schon jetzt gibt es Bezirke, die etwa ohne Kassenkinderärzte dastehen und wo auch die Wahlärzte keine neuen Patienten mehr aufnehmen können“, warnt Steinhart.

Die Altersstatistik der Ärzteschaft zeige zudem, dass sich dieses Problem noch deutlich verschärfen wird. „Etwa 50 Prozent der Kassenärztinnen und Kassenärzte werden in den kommenden zehn Jahren in Pension gehen. Die Folgen kann sich jeder ausmalen.“

Denn schon jetzt habe es zum Ende des vergangenen Quartals einer internen Abfrage zufolge österreichweit 121 unbesetzte Kassenstellen für Allgemeinmedizin und 79 unbesetzte Facharzt-Kassenstellen gegeben, wobei im Facharztbereich die Kinderheilkunde und die Frauenheilkunde mit 39 bzw. 16 unbesetzten Kassenstellen besonders dramatische Problemfelder darstellen.

Die Lösungen lägen ja längst parat: Es brauche mehr Ausbildungsstellen sowie die Honorierung der fachärztlichen Lehrpraxis, um mehr Nachwuchs für den niedergelassenen Kassenbereich zu gewinnen. „Zudem sollte man die administrativen Hürden beseitigen, mit denen die Kassenärzte konfrontiert werden. Jede Minute, die etwa sinnlos in Warteschleifen bei der Medikamentenbewilligung verbracht wird, ist eine Minute, die in der qualitativen Arbeit mit den Patienten fehlt.“

Gerade im kinderärztlichen Bereich sei Zuwendungsmedizin aber entscheidend. Besonders Beratungen zu Ernährung oder Verhalten bräuchten Zeit, die das derzeitige Kassensystem aber nicht honoriere und damit in diesem Bereich spare, sagt Steinhart, der sich für eine Aufhebung der Limitierungen ausspricht.

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