„Ablenkungsmanöver“: Landesräte kritisieren Kopftuchverbot

Im April preschten Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Strache vor und kündigten ein Kopftuchverbot für Mädchen an. Das Gesetz dafür fehlt noch. Über den Sommer will Strache sogenannte 15a-Vereinbarungen mit den Bundesländern schließen.
Nach Aufregung wegen Strache-Vorstoß: Der KURIER hat bei den zuständigen Landesräten nachgefragt, ob sie für ein Kopftuchverbot bei Mädchen zu haben sind.

Der Anstoß zur Debatte datiert vom April: Auf Verlangen von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache einigte sich die türkis-blaue Bundesregierung darauf, Kopftücher für Mädchen in Kindergärten und Volksschulen zu verbieten. Die Folge war eine heftige Debatte – und ein Versprechen: Die Regierung werde bis zum Sommer ein „Kinderschutzgesetz“ dafür ausarbeiten.

Nun – im Sommer – wird aufgrund  der rechtlichen Komplexität und dem Fehlen einer Zweidrittelmehrheit im Parlament  offenbar der Plan geändert: Strache ließ wissen, dass er mit den Ländern ein Kopftuchverbot in Kindergärten verhandeln möchte, weil diese ja für die Betreuung der Kleinsten zuständig sind. Die Idee dahinter: So bringt man das rechtlich heikle Verbot zumindest für die Gruppe der Kinder durch.

Dafür müsste es zu einer sogenannten 15a-Vereinbarung – das sind Verträge zwischen Bund und Ländern – kommen, denen die jeweiligen Landesräte allesamt zustimmen müssen.

Und danach sieht es derzeit keineswegs aus, wie ein KURIER-Rundruf zeigt:  In der Steiermark etwa hält man den Strache-Vorstoß für ein „plumpes Ablenkungsmanöver vom 12-Stunden-Tag“, wie Landesrätin Ursula Lackner ( SPÖ) erklärt. Im Büro des Wiener Bildungsstadtrates Jürgen Czernohorsky (SPÖ) bewertet man den Vorschlag ähnlich wie in der Steiermark als „Ablenkungsmanöver“, will aber abwarten bis er endgültig vorliegt.

Im Burgenland gibt man sich laut Landesrätin Verena Dunst zwar „gesprächsbereit“, ortet aber dringendere Anliegen: „Wichtiger wird es aber sein, dass die auslaufenden 15a-Vereinbarungen zum Ausbau der Kinderbetreuung, zur sprachlichen Frühförderung und zum kostenlosen letzten Kindergartenjahr verlängert werden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.“ Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) sieht im türkis-blauen Vorhaben überhaupt eine „Schwalbe wie von Neymar“ – seiner Meinung nach wolle die Regierung damit von anderen Vorhaben ablenken.

Im Westen der Republik zeigt man sich wenig beeindruckt: In Vorarlberg sind Kopftücher in Kindergärten laut Bildungslandesrätin „kein Thema“, man werde sich den Vorschlag jedoch genauer anschauen. Ähnliche Töne hört man aus dem Büro der Tiroler Landesrätin für Integration Gabriele Fischer (Grüne): auch hier sei die Kopftuchdebatte nie thematisiert worden.

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