Heimischer Beschäftigungsbonus kollidiert mit EU-Recht
Ein Ausschluss von EU-Ausländern vom Beschäftigungsbonus ist für den Europarechtler Franz Leidenmühler EU-rechtswidrig und werde "vom EuGH sicher nicht akzeptiert", wie er am Montag im Ö1-"Mittagsjournal" des ORF-Radios sagte. "Diese Idee, dass die heimischen Arbeitskräfte geschützt werden, widerspricht diametral dem Binnenmarktgedanken", so Leidenmühler.
Der Jurist und Uni-Professor, der auch für die SPÖ im Linzer Gemeinderat sitzt, sieht im Vorschlag von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) einen unerlaubten Eingriff in die Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU.
Für Kern sollte die Förderung "kein Anreiz dazu sein, dass neue Arbeitssuchende zu uns kommen und der Druck auf dem Arbeitsmarkt noch weiter steigt", wie er am Wochenende erklärte. Betreffende Personen müssten demnach schon in der Vergangenheit in Österreich legal gearbeitet haben oder ihre Ausbildung hierzulande abgeschlossen haben.
Am Montagnachmittag nahm der Kanzler auf Facebook per Live-Video Stellung zum Vorhaben.
Kanzler-Statement auf Facebook
Kanzler Christian Kern (SPÖ) will den "Beschäftigungsbonus" auf beim Arbeitsmarktservice (AMS) gemeldete Arbeitslose beschränken. So soll ein Zuzug aus anderen EU-Ländern, vorwiegend aus Osteuropa, unterbunden werden, sagte Kern in der "Krone". Der Beschäftigungsbonus solle "kein Anreiz dazu sein, dass neue Arbeitssuchende zu uns kommen und der Druck auf dem Arbeitsmarkt noch weiter steigt", wird der Kanzler zitiert. Demnach soll der Bonus nur für Österreicher und bereits hier ansässige Ausländer gelten.
Konkret sollen nur jene neu geschaffenen Jobs die Förderung bekommen, die mit Arbeitssuchenden besetzt werden, die beim AMS bereits arbeitslos gemeldet sind. Das heißt, die betreffenden Personen müssen schon in der Vergangenheit in Österreich legal gearbeitet oder ihre Ausbildung in Österreich abgeschlossen haben. Laut Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts ist diese Einschränkung europarechtlich möglich
ÖVP kritisiert Vorschlag
Die ÖVP hat am Sonntag skeptisch auf den Vorschlag reagiert. Er sei "offenbar nicht zu Ende gedacht", ließ Sozialsprecher August Wöginger aussenden. "Kerns Modell würde automatisch österreichische Jobwechsler, Schulabgänger, Lehrlinge und Uni-Absolventen ausschließen. Diese jährlich 35.000 Lehrabsolventen wären damit für anstellungswillige Firmen auf einmal doppelt so teuer wie Arbeitslose, argumentiert Wöginger. Die ÖVP sieht darüber hinaus auch rechtliche Probleme, diese wolle man aber erst bewerten, wenn ein schriftlicher Entwurf vorliegt.
Der sogenannte "Beschäftigungsbonus" ist Teil des kürzlich überarbeiteten Koalitionsabkommen und soll ab 1. Juli gelten. Er sieht vor, dass Unternehmen, die zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, in den nächsten drei Jahren 50 Prozent der Lohnnebenkosten erstattet bekommen. Die Regierungsvorlage soll noch im Februar verabschiedet werden.
"Das dürften einige absichtiglich missverstehen"
Daraufhin rückte der rote Parteimanager Niedermühlbichler aus, um vom Koalitionspartner mehr Sachlichkeit und Wertschätzung einzufordern. "Es ist keineswegs so, dass der Bonus nur für bereits arbeitslos gemeldete Personen gilt. Zum Beispiel auch Lehrstellensuchende und jene, die gerade eine Ausbildung abgeschlossen haben, sind inkludiert", stellte Niedermühlbichler klar. Die Gewerkschaft konterte der ÖVP mit einer Unterstellung. "Das dürften einige Politiker absichtlich missverstehen, wenn sie behaupten, neu ausgebildete ÖsterreicherInnen wären von der Förderung ausgeschlossen", sagte ÖGB-Funktionär Bernhard Achitz.
Arbeiterkammerpräsident Rudolf Kaske ging in einer Aussendung inhaltlich einen Schritt weiter. Er forderte, den Beschäftigungsbonus auf Arbeitnehmer zu beschränken, "die bereits länger beim Arbeitsmarktservice als arbeitslos vorgemerkt sind". Denn die Hälfte der Arbeitslosen finde innerhalb von drei Monaten ohne jede Förderung einen neuen Arbeitsplatz. Und geplante Personalaufstockungen und Arbeitskräfteüberlasser sollten nicht gefördert werden, Teilzeitbeschäftigung nur eingeschränkt.
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