Haider-Prozess: Vertrauen über den Tod hinaus

Haider-Prozess: Vertrauen über den Tod hinaus
Der Korruptionsprozess um gekaufte Staatsbürgerschaften bringt auch ehemalige Hypo-Banker in Bedrängnis.

Er ist noch immer "der Herr Landeshauptmann", auch drei Jahre nach seinem Tod, und sein Wort zählt. Über jegliche Rechtsvorschriften hinweg.

"Ich habe dem Herrn Landeshauptmann vertraut", erklärt am zweiten Tag im Prozess um gekaufte Staatsbürgerschaften der Ex-Vorstand der Hypo Alpe-Adria, Gerd Xander, als Zeuge im Wiener Landesgericht. "Verlass dich auf mich", hatte Haider im März 2005 zu ihm gesagt und die Eröffnung eines Kontos auf den Namen Patrick Friesacher verlangt. Der Kärntner Rennfahrer sollte in der Formel 1 durchstarten und dabei für sein Bundesland werben; gesponsert von Jörg Haider bzw. zwei russischen Geschäftsleuten, denen Haider für zwei Millionen US-Dollar die österreichische Staatsbürgerschaft verschaffen wollte.
Weil das dauerte, wies Haider die Hypo an, das Sponsoring mit einem Kredit vorzufinanzieren.

Nichts gewusst

Haider-Prozess: Vertrauen über den Tod hinaus

Friesacher hatte von alle dem keine Ahnung und nirgendwo unterschrieben. Dass er ein Konto bei der Hypo hatte, erfuhr er erst aus dem KURIER, wie er im Zeugenstand erklärt: "Ich sollte beim ersten Rennen in Australien mit dem Schriftzug Kärnten auf dem Auto und meinem Overall starten, mehr wusste ich nicht."

Es gab für das Hypo-Konto also keinen Kontoinhaber und für den Kredit keine Sicherheiten. "Wer war denn Kreditnehmer?", will Richterin Gerda Krausam von Ex-Vorstand Xander wissen. "Gute Frage", antwortet dieser: "Haider?" Und als Versuch der Rechtfertigung: "Haider war Aufsichtskommissär der Hypo."

Eineinhalb Jahre lang blieb das Konto im Minus. Haider vertröstete Xander immer wieder. Die Verteidiger wundern sich: Wo blieb das Frühwarn- und Kontrollsystem der Bank, was ist mit dem Bankwesengesetz und den Geldwäscherichtlinien? "Das Geld einzutreiben wäre schwierig gewesen", sagt ein anderer Hypo-Mitarbeiter als Zeuge. Von Franz Koloini, dem nun wegen Geldwäsche angeklagten Ex-Protokollchef von Jörg Haider, ist der Satz überliefert: "Wenn das Konto nicht bald ausgeglichen wird, ist das der Tod des Landeshauptmannes Haider."

Überschuss

Als die beiden wegen Bestechung angeklagten Russen im Jänner 2007 ihre Staatsbürgerschaft erhalten hatten, überwiesen sie den ausständigen Betrag, und das Konto war (durch Dollar-Euro-Kursschwankungen) mehr als abgedeckt. Den Überschuss von 190.000 Euro bekam Koloini anstandslos ausgezahlt. "Aber er war nicht Kontoinhaber", wirft die Richterin ein. "Friesacher auch nicht", sagt ein weiterer Hypo-Mitarbeiter, man habe von ihm ja nie eine Unterschrift bekommen. Der Rennfahrer hatte damals schon längst das Formel-1-Cockpit verlassen müssen, weil die zwei Millionen Sponsoring nicht gereicht hatten.

Die obskure Konstruktion des Phantomkontos lässt den dringenden Verdacht der Untreue aufkommen. Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt prüft das im Rahmen des
Gesamtkomplexes Hypo Alpe Adria, bisher ohne Ergebnis. Die Hypo-Zeugen wurden nicht darüber belehrt, dass sie sich der Aussage entschlagen könnten.
Die Urteile über Koloini, die beiden russischen Geschäftsleute und einen mitangeklagten Anwalt werden am Freitag gefällt.

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