Freundschaftlicher Gipfelstreit am Glockner

Freundschaftlicher Gipfelstreit am Glockner
Fast der gesamte Glockner gehört dem Alpenverein. Den Gipfel besitzt aber der Alpenklub, der sich davon nicht trennen will.

Von einem waren die Mitglieder in Österreichs größtem Bergsteiger-Verein, dem Oesterreichischen Alpenverein (OeAV), über Jahrzehnte felsenfest überzeugt: Der Großglockner, mit 3798 Metern Österreichs höchster Berg, gehört - samt vielen weiteren Dreitausendern in den Hohen Tauern - bis hinauf zum Gipfel dem OeAV.

Und doch irrten sie: Denn ausgerechnet den Gipfelbereich, der auch die Grenze zwischen Tirol und Kärnten markiert, müssen sie sich teilen. Dort, wo der Österreichische Alpenklub (ÖAK) am 2. Oktober 1880 zur Silberhochzeit von Kaiser Franz Josef I. und Kaiserin Elisabeth das prächtige Gipfelkreuz aufgestellt hatte, ist dieser kleine Kreis von Alpinisten auch stolzer Besitzer einer Fläche von 114m2.

114m2, auf denen das Ziel aller liegt, die den Glockner bezwingen. Denn auf Kärntner Seite des Gipfels, die dem OeAV gehört, befindet sich ein so tiefer Abbruch, dass niemand dort stehen könnte. Erst durch die Jubiläumsausgabe der Österreichischen Alpenzeitung, die 2000 erschien, wurde an diese besonderen historischen Besitzverhältnisse erinnert.
Danach gab es Gespräche - im Zuge eines Grundtausches - den höchsten Punkt Österreichs unter die alleinige Oberhoheit des Alpenvereins zu stellen. Doch diese scheiterten.

Tauschobjekt

Freundschaftlicher Gipfelstreit am Glockner

Die angedachte Lösung in der Gipfeldebattte führt über die Erzherzog-Johann-Hütte, die vom ÖAK auf der Schulter des Großglockners auf 3454 Metern errichtet wurde. Dort ist der Grund knapp, das Gebiet rundum gehört dem OeAV.

"Deshalb entstand die Idee, dass man Grund am Gipfel mit dem Areal auf der Adlersruhe tauschen könnte, um die Umbauten verwirklichen zu können", berichtet ÖAK-Präsident Johannes Bauer.

Beim Alpenverein war man ob dieser Aussicht zunächst hocherfreut. Aber im
Alpenklub fand sich keine Mehrheit für diesen Plan. "Bei uns sprachen sich sehr viele vehement gegen den Tausch aus", schilderte Bauer. Denn in Geld sei der Wert des Gipfels nicht messbar.

Alpenvereins-Präsident Christian Wadsack bekundet weiterhin Interesse: "Natürlich wäre es toll, wenn der größte Verein den höchsten Berggipfel ganz besitzen könnte." Dennoch sei die Entscheidung im ÖAK zu respektieren, und sie ändere nichts an der freundschaftlichen Zusammenarbeit.

"Grenzfall"

Übrigens ist auch die Erzherzog-Johann-Hütte, die in ihrer Urform am 18. August 1880 eröffnet und mehrmals erweitert wurde, ein "Grenzfall": "In unserer Küche steht man mit einem Bein in Kärnten, dort ist der Herd, und mit dem anderen in Tirol, dort ist die Anrichte", schildert Bauer. Mit anderen Worten: Gekocht wird in Kärnten, gegessen in Tirol.

Obwohl der ÖAK sein Stückchen Gipfel vor 1880 per Schenkung erworben hatte, wurde dies vom früheren Deutschen und Österreichischen Alpenverein nicht anerkannt. Erst ein Kaufvertrag machte den ÖAK 1936 dann offiziell zum Gipfelbesitzer.

77 km2

Der OeAV war bereits 1918 mit einer großzügigen Spende bedacht worden: "Die Kärntner Seite des Glocknermassivs mit einer Fläche von 47 auf Heiligenbluter Gemeindegebiet wurde dem OeAV 1918 vom Villacher Holzindustriellen Albert Wirth
geschenkt", erläutert Peter Haßlacher, Leiter der OeAV-Abteilung Raumplanung-Naturschutz. Geknüpft war dieses Geschenk an die Verpflichtung, nichts zu verkaufen und alles in einen Naturpark einzubringen. "Auf Kalser Grund kaufte der OeAV in Tirol am 17. Jänner 1938 weitere rund 30 ."

Der Oesterreichische Alpenverein mit Sitz in Innsbruck wurde 1862 als erster Bergsteigerverband des europäischen Festlands gegründet. Damit ist er der weltweit zweitälteste nach dem britischen Alpine Club. Er zählt 430.000 Mitglieder.
Der Österreichische Alpenklub mit Sitz in Wien wurde 1878 gegründet und hat rund 360 aktive Mitglieder.

Geschichte: Der Nationalpark

300 Dreitausender Auf 1800 erstreckt sich der Nationalpark Hohe Tauern, der größte Nationalpark Mitteleuropas, an dem Salzburg, Tirol und Kärnten Anteil haben. Er umfasst mehr als 300 Dreitausender, 342 Gletscher mit einer Gesamtfläche von 130 km², 279 Bäche, davon 57 Gletscherbäche, 26 bedeutende (und viele kleinere) Wasserfälle sowie 551 Bergseen.

Vereine Der Grundstein für den Nationalpark, der 1981 von Kärnten aus seinen Ausgang nahm, wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gelegt: Erst erwarb ein Stuttgarter Verein Naturschutzpark Flächen auf Salzburger Seite, dann folgte die Schenkung an den Oesterreichischen Alpenverein und dessen Zukäufe.

Enteignungen
Der Alpenverein widersetzte sich in der Vergangenheit mehrfach den Erschließungsplänen. Drei Mal wurde der Alpenverein im Zuge Projekten im Nationalpark enteignet: Beim Bau des Speichers Margaritze, 1936 im Zuge der Errichtung des Panoramaweges Gamsgrubenweg und 1961 beim Bau der Standseilbahn zum Freiwandeck.

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