Forscher räumen mit Seefahrer-Mythen auf

Forscher räumen mit Seefahrer-Mythen auf
Gilt bei Schiffsunglücken tatsächlich die Parole "Frauen und Kinder zuerst"? Zwei Wissenschafter aus Schweden wollten es genau wissen.

Die legendäre Parole bei Schiffsunglücken ist jedermann bekannt: "Frauen und Kinder zuerst". Doch ist dieser Seefahrer-Mythos wirklich haltbar? Forscher aus Schweden haben dies nun untersucht - und sind zu einem ernüchternden Ergebnis gekommen.

Insgesamt werteten Mikael Elinder und Oscar Erixson von der Universität Uppsala Daten von 18 Schiffsunglücken aus, an denen mehr als 15.000 Menschen aus 30 Nationen beteiligt waren. Das Ergebnis, das nun in den Proceedings der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS) veröffentlicht wurde, ist eindeutig: Frauen haben bei maritimen Katastrophen nicht bessere, sondern schlechtere Überlebenschancen als Männer. "Jeder ist sich selbst der nächste" statt "Frauen und Kinder zuerst" lautet die Devise.

Vom Mythos der männlichen Ritterlichkeit auf See ist damit nicht mehr viel über. Ursprünglich ging dieser auf den Untergang der Titanic zurück: Bei der Katastrophe starben mehr als dreimal so viele Männer wie Frauen. Angeblich, weil der Kapitän den "Frauen und Kinder zuerst"-Befehl rigoros durchgesetzt hatte. Die Titanic war aber offenbar eine Ausnahme der Regel: Denn bei elf Schiffskatastrophen war es genau anders herum und mehr Frauen als Männer unter den Toten.

Kapitän und Crew zuerst

Die Untersuchung lässt darüber hinaus an einem weiteren beliebten Glauben zweifeln: Dass Kapitän und Besatzung das sinkende Schiff zuletzt verlassen. Crewmitglieder überleben nämlich deutlich häufiger als Passagiere, berichten die schwedischen Wissenschafter. Ausnahme: Die Überlebenschancen der Frauen stiegen, wenn der Kapitän den ausdrücklichen Befehl "Frauen und Kinder zuerst" ausgesprochen hatte. Dies war bei fünf Untergängen der Fall.

Seit dem ersten Weltkrieg schrumpft der Abstand bei den Überlebenschancen zwischen Frauen und Männern, berichten die Forscher weiter. Sie führen das auf das gestiegene soziale Ansehen der Frauen zurück und auf deren größere Selbstständigkeit.

Die noblen Briten?

Schließlich räumt die Untersuchung noch mit einem weiteren Irrglauben auf - dem, dass vor allem die Briten auf See den galanten Retter geben. Tatsächlich sterben auf britischen Schiffen, die von einem britischen Kapitän und überwiegend britischer Besatzung geführt werden, besonders viele Frauen im Vergleich zu Männern.

"Auf Grundlage unserer Analyse wird deutlich, dass der Untergang der Titanic außergewöhnlich in vielerlei Hinsicht war und dass das, was auf der Titanic geschah, eine Reihe von falschen Vorstellungen des menschlichen Verhaltens in Katastrophenfällen befeuert zu haben scheint", schließen die Wissenschafter.

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