"Feindbild System-Erhalter" und "Nur keine Genugtuung"

Susanne Mauthner-Weber
Susanne Mauthner-Weber und Michael Hufnagl kommentieren das neue Buch von Christine Bauer-Jelinek.

SIE

Feindbild System-ErhalterIch bin frustriert. Seit ich dieses Buch gelesen habe noch mehr. Nicht, dass ich nicht vorher schon frustriert gewesen wäre. Ich bekam den Text just da in die Hände, als ich nach einer arbeitsreichen Woche noch einen Wochenenddienst vor mir hatte. Heißt, ich musste mit dem "falschen Feind" ins Bett gehen und ihn in einer Nachtschicht verschlingen – denn anders wäre es sich nicht mehr ausgegangen.

Ob es den richtigen Partner störte? Nein, denn der hatte ebenfalls Wochenenddienst – praktischerweise sogar bis Mitternacht. Freunde, mein Friseur und meine Mutter kennen mich ohnedies nur noch vom Termin-Absagen. Ich bin also frustriert, weil sich alles (und) nicht(s) mehr ausgeht. Und Schuld ist das System, jenes nebulose, gesichtslose Monster, gegen das man nicht kämpfen kann und das noch immer Männer wie selbstverständlich nach oben spült, während Frauen herumtümpeln.

Bitte darf ich es mir einfach machen und ein, zwei Feindbilder behalten? Vielleicht jene Männerklüngel, die noch immer unter sich ausmachen, wer es schaffen soll und der System-Erhalter-Kronprinz wird.

"Feindbild System-Erhalter" und "Nur keine Genugtuung"
Immer gegen die Deutschen!

ER

Nur keine GenugtuungNatürlich könnte ein Mann nach Lektüre von "Der falsche Feind" am Stammtisch lautstark "So sind’s, die Weiber – was ich immer gesagt habe" grunzen. Oder mit der angelesenen Erkenntnis nach Hause kommen, um seiner Frau triumphal entgegenzutreten: "Puppimausi, lies das Buch von der Bauer-Jelinek. Aber erst nach dem Putzen und Kochen." So ein Mann hätte weder im Allgemeinen noch im Speziellen irgendetwas kapiert. Denn die Abrechnung mit dem "Allmachts-Feminismus" sollte bei näherer Betrachtung andere Schlüsse zulassen als einen Freibrief für männliche Genugtuung.

Natürlich gibt es Themenbereiche, die sich nachvollziehbar mit männlicher Benachteiligung, die wütend macht, beschäftigen. Zum Beispiel die rechtliche Unverhältnismäßigkeit in der Frage gemeinsamer Kinder. Im Gegenzug aber wird etwa das Thema Unterdrückung der Frauen durch physische männliche Gewalt von der Autorin nur am Rande gestreift. Das ist ein Versäumnis.

Aber so oder so sollte am Ende keine Geschlechter-Diskussion entstehen. Sondern ein Nachdenkprozess über unsere gemeinsamen Lebenswelten. Denn ideal schaut anders aus.

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