Europa braucht China, China genießt das leise
China hat 166 Städte mit mehr als einer Million Einwohnern, fast 10 Prozent Wirtschaftswachstum und die größten Devisenreserven der Erde. In China kennt man "Audili" (Österreich) bestenfalls, wenn von Mozart oder den Philharmonikern die Rede ist. Warum kommt der chinesische Staatschef Hu Jintao überhaupt ins kleine Alpenland?
Zunächst einmal ist den Chinesen das Protokoll wichtig. Vor 40 Jahren wurden diplomatische Beziehungen aufgenommen. Österreich hat sich schneller als andere Staaten von Taiwan abgewandt und dem Großen Vorsitzenden Mao die Hand gereicht. Daran erinnert man sich in Peking gerne.
Wirtschaftlich gesehen ist China für Österreich der wichtigste Handelspartner außerhalb Europas. Und China freut sich über Joint-Ventures mit unseren Unternehmen. Aber Hu Jintao macht den Zwischenstopp auf dem Weg zu den G 20 auch deshalb, weil Österreich Mitglied der EU ist. China beobachtet die Krise des Euro sehr genau und will Unternehmen in Europa kaufen.
Mächtiges China
Der internationale Handel mit den USA und Europa auf Augenhöhe ist für China eine relativ neue Erfahrung. Viele Jahrhunderte lang, bis zur industriellen Revolution, war China das reichste Land der Erde, und zwar ohne jeglichen internationalen Handel. Ein System von Wasserstraßen und Kanälen ermöglichte den Austausch von Waren im Reich der Mitte. Die nautische Technologie war den Chinesen vor den Europäern vertraut, aber sie verwendeten sie kaum. Ihr Reich war auch ohne Kolonien groß genug, die Chinesen genügten sich selbst, diplomatische Kontakte zum Kaiserthron waren so gut wie unmöglich.
Dafür ist das Trauma des Opiumkrieges im 19. Jahrhundert noch vorhanden. Die Chinesen konnten nicht verhindern, dass Engländer Opium in ihr Land brachten. China war eine imperiale Macht, aber ohne imperialistische Gelüste. Die Chinesen haben nie missioniert, aber sie waren und sind sehr überzeugt von ihrer Kultur.
Unsicheres Europa
Dieser historische Hintergrund ist entscheidend für alle wirtschaftlichen und diplomatischen Gespräche zwischen europäischen und chinesischen Politikern in diesen Tagen. Die Führung in Peking weiß zwar von den eigenen wirtschaftlichen Problemen, von der Inflation bis zu einer drohenden Bankenkrise. Das Investmenthaus Barclays sieht laut Wall Street Journal Anzeichen dafür, dass viele Immobilien zu hoch bei den Banken verschuldet sind.
Aber Europa braucht China mehr als umgekehrt. Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, versucht, diesem Eindruck zu widersprechen, aber der Chef des Rettungsschirms warb gerade in Peking darum, dass die Chinesen europäische Anleihen kaufen. "Wir sitzen in einem Boot", meinte Handelsminister Chen in Wien, wir werden Europa unterstützen. Hu hatte zuvor gesagt, er vertraue der Kompetenz Europas. Der Staatspräsident ist ein vorsichtiger Diplomat.
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