EU-Wahl: Wahlprogramme in Österreich schwierig zu verstehen

KURIER-Gespräch EU-Wahl 2019: Konfrontation der Spitzenkandidaten
Deutsche Wissenschafter überrascht von Negativität im SPÖ-Programm, das zugleich auch das verständlichste ist. Die FPÖ hat keines.

Die Europawahlprogramme der österreichischen Parteien sind für Laien nur wenig verständlich. Dies zeigt eine Studie der deutschen Universität Höhenheim und der clavis Kommunikationsberatung. In den Programmen fänden sich Schachtelsätze mit bis zu 63 Wörtern, englische Fachbegriffe wie "Anti-Tax-Avoidance-Directive" (NEOS) und Sprachmischmasch wie "Better Regulation-Strategie" (ÖVP).

Das SPÖ-Programm, das mit 23.000 Wörtern auch das umfangreichste ist, sei noch am verständlichsten, während jenes der NEOS fast so schwer verständlich sei wie eine wissenschaftliche Doktorarbeit. Mit Hilfe einer Analysesoftware hatten die Experten nach überlangen Sätzen, Fachbegriffen und Fremdwörtern gesucht. Anhand dieser und weiterer Merkmale bilden sie den "Hohenheimer Verständlichkeitsindex" (HIX), der von 0 (schwer verständlich) bis 20 (leicht verständlich) reicht. Im Durchschnitt erreichten die österreichischen Wahlprogramme einen Wert von 8,4 Punkten, was immerhin um 0,3 Punkte mehr ist als der Durchschnittswert der deutschen Europawahlprogramme.

Spitzenreiter war die SPÖ (11,2 Punkte) vor der ÖVP (8,8), den Grünen (7,5) und den NEOS (5,9). Die FPÖ wurde mangels Europawahlprogramm nicht berücksichtigt. Bei der Nationalratswahl 2017 hatten die NEOS (11,9 Punkte) das verständlichste Wahlprogramm, vor SPÖ (11,5), ÖVP (10,1) und FPÖ (9,8). Dass man durchaus verständlich kommunizieren kann, zeigen laut clavis-Geschäftsführer Dieter Bitschnau die Einleitungstexte der Programme. Hier erreichen die Grünen mit 16,7 Punkten einen Spitzenwert, vor SPÖ (14,2) und ÖVP (12,9 Punkte).

Analysiert wurden auch die Themenbereiche und die Tonalität der Programme. Arbeit und Soziales ist mit einem durchschnittlichen Anteil von 15,7 Prozent der größte Themenbereich. Es folgen die Bereiche Umwelt / Energie / Verkehr sowie die Außen- und Sicherheitspolitik. Insgesamt erreichen die Parteien bei den verschiedenen Themen selten eine Verständlichkeit von mehr als zehn Punkten. Die unverständlichsten Themen bei allen Parteien sind Wirtschaft und Forschung sowie Regional- und Strukturpolitik.

Die meisten positiven Wörter verwendeten NEOS und die ÖVP, die negativste Sprache fand sich bei der SPÖ. "Das Ergebnis der SPÖ ist etwas überraschend", analysierte Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim, der mit seinem Team regelmäßig Wahlprogramme untersucht. "Unsere Trends zeigen, dass insbesondere die Parteien an den politischen Rändern eine tendenziell negative Tonalität haben."

Kommentare