Elgin: Sechs Monate wird Gas ausströmen

Elgin: Sechs Monate wird Gas ausströmen
Spezialisten sollen so rasch wie möglich auf die Plattform geflogen werden. Greenpeace ist schon da, die Explosionsgefahr nicht gebannt.

Mit Bohrschlamm soll das Leck auf der Nordsee-Plattform "Elgin" vor der Küste Schottlands zunächst verstopft werden. Gleichzeitig will man mit zwei Entlastungsbohrungen den Gasdruck senken. Das könnte sechs Monate in Anspruch nehmen und Milliarden kosten. Experten und auch die KURIER-Leser erinnert das fatal an die Katastrophe im Golf von Mexiko. Am 21. April 2010 explodierte die Ölplattform "Deepwater Horizon" vor der Südküste der USA. Die Folgen sind noch heute spürbar.

"Wir sind hier"

Am Montag erreichte das Greenpeace-Schiff "Königin Juliane" das Elgin-Gasfeld. Die Aktivisten melden einen großflächigen Ölfilm, denn der Wind drückt die Gaswolke auf die Wasseroberfläche, wo sich Öl bildet. Mit einer Mittelwellen-Infrarotkamera wollen die Umweltschützer die Austrittsstelle des klimaschädlichen Methan-Gases ermitteln. Ein Chemiker nimmt zusätzlich mit großen Luftsäcken Proben. "Wir sind hier, weil Ölkonzerne bei Unfällen oftmals Informationen zurückhalten", sagt der Fahrtleiter und Meeresexperte Christian Bussau. Nach Einschätzung des Greenpeace-Chemikers Manfred Santen wird die leckgeschlagene "Elgin" am stärksten die Luft verschmutzen. "Wasserorganismen werden kaum gefährdet sein. Wir werden keine verölten Gefieder und keine verölten Fische sehen."

Total-Mission

Der französische Ölmulti Total will ein Spezialistenteam auf die leckgeschlagene "Elgin" fliegen. Der Konzern hat den britischen Behörden bereits ein Gutachten über die Gefahren der Mission vorgelegt. Brancheninsider vermuten, dass die Erlaubnis sehr rasch erteilt werden wird, das Team per Hubschrauber auf die Plattform zu bringen. Denn seit die Fackel am Samstag von selbst erloschen ist, hat sich die Gefahr einer Explosion zumindest vorübergehend reduziert.

Total wusste angeblich seit Februar von Problemen auf der Plattform, da der Gasdruck ständig stieg. Das französische Unternehmen habe jedoch noch Stunden vor dem Unglück versichert, dass ein Versagen ausgeschlossen sei, behaupten Arbeiter, die auf der Plattform waren.

Nur die schwersten Zwischenfälle von vielen werden bekannt: In der Nordsee explodierte 1988 die Gasplattform "Piper Alpha": 167 Menschen starben. Im August 2011 verlor die Shell-Plattform "Gannet Alpha" mehr als 200 Tonnen Öl.

Delfinsterben im Golf von Mexiko hält an

Das Definsterben vor der Südkküste der USA hält an. Einer Studie der US-Umwelt- und Wetterbehörde NOAA gibt es einen kausalen Zusammenhang mit der Ölpest vor zwei Jahren. Nach der Explosion der Bohrplattform "Deepwater Horizon" sprudelten aus dem Leck in 1500 Meter Tiefe fünf Monate lang insgesamt bis zu 780 Millionen Liter Erdöl in den Golf von Mexiko. Hunderttausende Tiere wie Meeressäuger, Fische, Pelikane und Schildkröten starben. Das ökologisch fragile Marschland ist nachhaltig kontaminiert. Seegras und Algen wachsen an manchen Stellen nur langsam nach. Eine braune Schicht bedeckt den Meeresboden um das Bohrloch – und beunruhigenderweise auch an weiteren Stellen:

Der US-Biologe Charles Fisher hat laut CNN herausgefunden, dass die Folgen der Ölpest viel schlimmer sind als angenommen. Das Öl hat selbst Korallen getötet, die Kilometer entfernt vom Bohrloch auf dem Meeresboden lebten. Fisher entdeckte elf Kilometer von der Unglücksstelle entfernt eine abgestorbene, mit schwarzem Schaum bedeckte Korallenkolonie. Er hält die große Distanz für sehr beunruhigend: Fisher geht davon aus, dass noch weitere Bereiche auf dem Meeresboden von Öl überzogen sind.

Es ist unklar, ob das braune Gift noch im Ökosystem ist. Schätzungen, welche Menge verdunstet ist oder von Bakterien zersetzt wurde, schwanken stark. Auch die Konsequenzen des Chemikalieneinsatzes sind nicht abzusehen: BP hatte knapp sieben Millionen Liter Corexit 9500 ins Meer gekippt, um das Öl aufzulösen.

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