Diese Frau hat ein Herz für Inder

Diese Frau hat ein Herz für Inder
Susanne Ebner auf großer Fahrt. Ihre Mitarbeiter haben mehr als eine Million Menschen das Autofahren gelehrt.
Von Uwe Mauch

In Mumbai hat ihr Team mit einem Schlag 65.000 Taxifahrer eingeschult. 65.000! Zum Vergleich: Dort, wo sie zu Hause ist, in Wels, immerhin die zweitgrößte Stadt in Oberösterreich, werden weniger als 60.000 Einwohner gezählt. Susanne Ebner erzählt das nicht, um anzugeben. Sie will nur darauf hinweisen, dass der indische Subkontinent immer noch schier unendliche Perspektiven bietet.

Aus dem Lehrbuch

Die 48-jährige Unternehmerin hat die Firma von ihrem Vater übernommen. Von Hubert Ebner. „Sein Name wird den meisten Autofahrern in Österreich schon einmal untergekommen sein – beim Lernen für die Fahrprüfung." Ihr Senior war nämlich in jungen Jahren ein innovativer Fahrschullehrer in Linz, hat dann selbst Lehrbücher geschrieben, ehe er einen eigenen einschlägigen Verlag gegründet hat. Auch seine Tochter hat dort eine Karriere wie aus dem Lehrbuch gemacht: Mit 22 kam sie in die Firma. Mit 30 gründete sie die indische Tochtergesellschaft.

In ihrer Erinnerung klingt das so: „Das Kuratorium für Verkehrssicherheit hat uns damals einen recht hartnäckigen Verkehrsexperten aus Indien geschickt. Ich habe ihm ein paar Unterlagen mitgegeben, aber der hat immer wieder darauf gedrängt, dass wir ihn in Indien besuchen sollen. Und dass wir gemeinsam etwas für die Verkehrssicherheit in seinem Land tun."

Das volle Chaos

Vor zwanzig Jahren hat sie dem Wunsch des Inders nachgegeben und wie jeder europäische Neuankömmling in Indien erfahren, was Verkehrschaos wirklich bedeutet: Gegen einen stinknormalen Morgenstau in Mumbai oder Delhi herrschen auf der Wiener Südost-Tangente zur Primetime oder auf der Tauernautobahn am ersten Tag der Sommerferien geradezu geordnete Verhältnisse.

Inzwischen hat sich einiges bewegt: „Wir haben etliche indische Fahrlehrer ausgebildet. Und die haben im Schneeballsystem weitere Fahrlehrer eingeschult." Wie viele Inder dank ihrer Hilfe bisher das Autofahren gelernt haben? Susanne Ebner zuckt kurz mit den Schultern, dann sagt sie: „Sicher mehr als eine Million – und das in nur fünf Jahren." Was bei einer Milliarde Menschen im Land noch einiges an Potenzial offen lässt.

Die Frau am Steuer einer erfolgreichen Exportfirma (elf Mitarbeiter in Wels, 63 Trainer und Sachverständige in Indien) lächelt: „Wenn man es mit der indischen Philosophie betrachten will, dann würde ich sicher noch vier Leben brauchen." Für die Minimal-Ausbildung der indischen Autofahrer wären laut Studien weitere 500.000 Fahrlehrer nötig.

Ebner möchte auch mit einem alten Vorurteil brechen: „Inder sind nicht von Geburt die schlechteren Autofahrer. Vielen fehlen aber ganz einfach grundlegende Informationen." Es sei daher weitaus dümmer, in Österreich mit überhöhter Geschwindigkeit aus einer scharfen Kurve zu fliegen. „Niemand kann bei uns sagen, dass er nicht gehört hat, was da passiert."

Blick für das Gesamte

Ihre Hilfe sei immer auch Selbsthilfe gewesen. Susanne Ebner ist heute froh, dass sie sich vor zwanzig Jahren auf ihr indisches Abenteuer eingelassen hat. Sie habe von ihren Reisen in eine andere Welt auch persönlich profitiert: „Ich habe dadurch einen Blick für das Gesamte bekommen. Ich nehme mich selbst nicht mehr ganz so wichtig." Was in Österreich oft als Riesen-Problem erörtert wird, ist im internationalen Maßstab relativ vernachlässigbar. Fein ist auch das Gefühl, mit der eigenen Arbeit Menschenleben zu retten. Und am Ende sagt sie auch: „Ich komme gerne nach Österreich zurück – und ich bin sehr dankbar, dass ich hier geboren wurde."

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