Die Schmerzgrenze der Top-Anwälte

Die Schmerzgrenze der Top-Anwälte
Österreichs Top-Anwälte wollen keine Nazis und Kindesmisshandler verteidigen. Auch um Breivik würden sie einen Bogen machen.

Man sollte meinen, Österreichs Strafverteidiger würden sich um einen Klienten wie Anders Behring Breivik reißen, fände der Prozess bei uns statt. Was für eine Publicity!

Weit gefehlt. Der norwegische Serienattentäter überschreitet die Schmerzgrenze der heimischen Top-Anwälte. "Nur wenn ich muss, als Verfahrenshelfer", sagt KHG-Schatten Manfred Ainedter. Was ihn abschreckt? "Das ist so jenseitig wie beim Fritzl. Jeder hat ein Recht auf Verteidigung, aber das muss ja nicht ich sein."

Rudolf Mayer hatte mit Fritzl ebenso wenig ein Problem wie mit Giftmörderin Blauensteiner, auch Breivik würde er übernehmen. Nur Tierquäler verteidige er nicht, erklärte Mayer kürzlich in der ZiB2 und löste heftige Debatten aus.

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APA/HELMUT FOHRINGERAPA7806304-2 - 08052012 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - (v.l.) Anwalt Manfred Ainedter und Karl-Heinz Grasser am Dienstag, 8. Mai 2012, anl. einer Sitzung des Korruptions-U-Ausschusses im Parlament in Wien. APA-FOTO: HELMUT FOHR
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APA/HELMUT FOHRINGERAPA7219518-2 - 14032012 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - (v.l.) Der ehemalige Innenminister und EU-Abgeordnete Ernst Strasser und Anwalt Thomas Kralik am Mittwoch, 14. Mär2, nach eich einer Sitzung des Korruptions-U-Ausschusses
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APAAPAART01 - 20092006 - WIEN - OESTERREICH: ZU APA TEXT WI - Wolfgang Floettl und Anwalt Herbert Eichenseder anlaesslich einer Einvernahme von der Staatsanwaltschaft Wien am Mittwoch, 20. September 2006 im Wiener Landesgericht.GUENTERARTINRTINGER
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Mona S. sowie ihr Verteidiger Lennart Binder

Nur krank

Thomas Kralik, Rechtsvertreter von Ex-Innenminister Ernst Strasser, würde nur einen kranken Breivik verteidigen. "Ich würde mir zuerst selbst die Frage stellen, ob er zurechnungsfähig ist. Wenn es darum ginge, dass er seine Taten rechtfertigt, würde ich ihn nicht übernehmen."

Auch der Doyen der Strafverteidiger, Herbert Eichenseder (Flöttl, Meinl, Gorbach, Plech), würde um Breivik einen Bogen machen. Er hat in mehr als 40 Jahren Berufspraxis nur drei Mandanten abgewiesen. Darunter den Bruder eines der reichsten Baumeister, obwohl ihm der Fall ein fettes Honorar eingebracht hätte. Aber der Angeklagte hatte ein Kleinkind ermordet und sich dann noch am Leichnam vergangen, "das konnte ich vor den Geschworenen nicht vertreten, das hat mich angeekelt". Er brauche immer ein halbwegs sinnvolles Motiv zum Arbeiten, sagt der viel beschäftigte Advokat.

Lennart Binder – als Anwalt der verschleierten Frau des Islamisten Mohamed M. ein Begriff – hat mit Breivik ebenfalls Schwierigkeiten. Auf unzurechnungsfähig würde er für den plädieren, sonst nicht. Dass Binder häufig in "Terrorprozessen" auftritt, hört er nicht so gern. Sein Anliegen ist, die "Hysterie" um solche Verfahren herunterzuschrauben.

Einzig Nikolaus Rast würde sich für Breivik interessieren: "Wie denkt der? Was ist da herauszuholen?" Rast lehnt nur die Verteidigung in Fällen von Kindesmissbrauch ab, immerhin vertritt er den Luca-Kinderschutzverein. Wenn er allerdings von der Unschuld eines Mandanten überzeugt ist, würde er diesen sogar in einem Prozess um Kindesmissbrauch verteidigen.

Manfred Ainedter ist Gründungsmitglied des Vereins Möwe, der misshandelte Kinder betreut. Trotzdem plädiert er vor Gericht auch für wegen Missbrauchs Angeklagte, "so fern sie geständig sind. Schon deshalb, weil die ja krank sind. Und ich kann das Opfer schonend verteidigen."

Der "rote" Anwalt Gabriel Lansky, Rechtsfreund von Natascha Kampusch nach deren Befreiung, übernimmt vornehmlich politische Mandate. Gravierende Sexualdelikte, rechtsextreme Handlungen "oder auch brutale Delikte gegen Leib und Leben auf der Täterseite zu vertreten, spare ich mir in der Regel", sagt Lansky.

Nicht relevant

In Naziprozessen treten meist einschlägig bekannte Anwälte auf. Mit einer Ausnahme: Werner Tomanek – dessen Kundschaft aus waschechten Strizzis besteht – verteidigte Holocaust-Leugner Gerd Honsik. Weil dieser nichts getan habe, "was mir als Strafrechtler kriminalistisch relevant erscheinen würde".

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