Die Politik ist nicht reif für mehr Bürgerwillen

Die Politik ist nicht reif für mehr Bürgerwillen
Wien und Graz sind Warnung: Kein Schnellschuss bei direkter Demokratie.

Populismus ist das Synonym für FPÖ. Und so tönte es aus deren Reihen schon vor Langem: "Die Bürger müssen mehr mitreden dürfen." Wegen des Polit-Frusts nach den publik gewordenen Korruptionsaffären glaubte auch die ÖVP, ihr Heil in der direkten Demokratie zu finden. Obmann Spindelegger umgarnte die Wähler: "In der Bevölkerung schlummert großes Ideenpotenzial, das wir auf diese Art besser nutzen wollen." Volksbegehren, die von mehr als zehn Prozent der Wahlberechtigten unterstützt werden, sollten zwingend in eine Volksabstimmung münden. Da konnten die Grünen nicht hintanstehen. Der Arroganz ziehen sie jene, die in Sachen Bürger-Mitsprache skeptisch sind.

Holde Theorie, vermaledeite Praxis. Just die, die laut nach Volksentscheiden schreien, kommen mit solchen nicht klar. Der Grazer ÖVP-Bürgermeister Nagl ließ über zwei seiner Leitprojekte abstimmen (siehe Bericht hier); deretwegen hatte er sogar der Koalition mit den Grünen den Garaus gemacht. Nagl scheiterte. Jetzt möchte er die inhaltliche Niederlage in einen Sieg für die Demokratie umdeuten. Noch absurder agieren die Wiener Grünen. Mit dem Regierungspartner SPÖ legen sie fest, auch in Außenbezirken ein Parkpickerl abzuverlangen. Welche Art der "Parkraumbewirtschaftung" die Bürger wollen, wird erst in einem halben Jahr abgefragt. Pflanzerei nennt das der Salzburger Stadtchef Schaden zu Recht.

Wien und Graz zeigen: Selbst Volksvertreter in den Ländern sind nicht reif für mehr direkte Demokratie. Ergo sollten sich jene im Bund vor einem Schnellschuss hüten. Was einfach klingt, ist nämlich kompliziert.

Wie wäre es mit etwas Simplem? Politiker entscheiden; dafür sind sie gewählt. Mut zu Unpopulärem ist nötiger als ein "Demokratiepaket".

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

  • Hintergrund

Kommentare