Der Watergate-Krimi

40 Jahre danach: Im Juni 1972 wurde im Hauptquartier der Demokraten eingebrochen. Heute steht fest, dass US-Präsident Richard Nixon hinter der Tat stand.

Die ganze Geschichte beginnt wie ein Dutzendkriminalfall. Man schreibt den 17. Juni 1972, als dem Nachtwächter Frank Wills auf seinem Rundgang durch den Bürotrakt des Watergate Hotels in Washington auffällt, dass an einem Türschloss manipuliert wurde. Er verständigt die Polizei, die fünf Männer auf frischer Tat ertappt und verhaftet. Niemand konnte ahnen, dass sich der Einbruch zum größten Politkrimi des 20. Jahrhunderts ausweiten würde, an dessen Ende der Präsident der Vereinigten Staaten zurücktreten musste.

Brisant

Wie sich herausstellte, hatten die Eindringlinge versucht, im Hauptquartier der Demokraten Abhörwanzen zu installieren und Dokumente zu fotografieren. Die Affäre war insofern brisant, als sich der republikanische Präsident Richard Nixon im Herbst des Jahres 1972 der Wiederwahl stellte. Sein Gegner war Senator McGovern, für das Amt des demokratischen Vizepräsidenten kandidierte Sargent Shriver, der Schwager des ermordeten Präsidenten John F. Kennedy.

Der Einbruch in der demokratischen Zentrale erregte vorerst kein allzu großes Aufsehen, Polizei und Staatsanwalt sahen die Auftraggeber im Kreis untergeordneter Parteisoldaten, nicht jedoch im Weißen Haus. Der Wahlkampf wurde planmäßig fortgesetzt und Nixon mit mehr als 60 Prozent der Stimmen triumphal wiedergewählt.

Der Hintergrund der Affäre wäre wohl nie aufgeflogen, hätten sich nicht zwei junge Reporter der Washington Post hinter den Fall geklemmt und das wahre Ausmaß erkannt. Sie heißen Bob Woodward und Carl Bernstein und zählen heute noch zu Amerikas prominentesten Journalisten. Die Beiden veröffentlichten ständig neue Details, die Nixon mit dem Kriminalfall in Verbindung brachten.

Aufklärung

Als im März 1973 herauskam, dass der Einbruch im Watergate Building nur die Spitze des Eisbergs weiterer strafbarer Handlungen war – darunter illegale Wahlkampfspenden, der Verkauf von Botschafterposten, die Vertuschung der Polizeiarbeit und eine persönliche Steuerhinterziehung Nixons – wurden die Rufe laut, der Präsident müsse zur Aufklärung der Affäre beitragen. Doch Nixon war nicht bereit, mit dem Untersuchungsausschuss im Senat zusammenzuarbeiten und über die ihm und seiner Partei zur Last gelegten Delikte Auskunft zu geben.

Die Wende kam im Juli 1973, als Nixons Mitarbeiter Alexander Butterfield erklärte, dass alle im Oval Office geführten Gespräche aufgezeichnet würden. Daraufhin beantragte Sonderermittler Archibald Cox die Beschlagnahme der Tonbänder, doch Nixon weigerte sich, sie herauszugeben und wies Justizminister Richardson an, Cox fristlos zu entlassen.

Der Minister war nicht dazu bereit und trat zurück. Nun wies Nixon Richardsons Stellvertreter an, den Ermittler zu feuern. Doch auch der nahm lieber seinen Hut als sich in ein offensichtliches Verbrechen hineinziehen zu lassen. Erst der dritte Mann im Justizministerium gab dem Vertuschungsversuch aus dem Weißen Haus nach.

Doch es half alles nichts, der Oberste Gerichtshof entschied, dass Nixon alle Bänder herausgeben müsse. Und obwohl nun herauskam, dass 18 Minuten des Materials gelöscht wurden, konnte nachgewiesen werden, dass Nixon über die "Dirty Tricks" gegen die Demokraten zumindest Bescheid wusste.

Rücktritt

Der Präsident war nun derart angeschlagen, dass die USA in eine Verfassungskrise schlitterten, die das Repräsentantenhaus – inklusive der Stimmen der Republikaner – veranlasste, ein Impeachment-Verfahren einzuleiten, dessen Ziel die Absetzung Nixons war. Dem kam Nixon am 9. August 1974 zuvor, indem er als erster US-Präsident zurücktrat.

Es war von Anfang an klar, dass sich die Journalisten Woodward und Bernstein auf einen Informanten mit erstklassigen Quellen berufen konnten. Sein Name blieb 33 Jahre lang geheim, er war in der Öffentlichkeit unter dem Decknamen "Deep Throat" bekannt. Erst im Mai 2005 erklärte Mark Felt, zum Zeitpunkt der Watergate-Ermittlungen zweiter FBI-Direktor, dass er "Deep Throat" sei und Woodward regelmäßig in einer Tiefgarage traf, um ihn mit Geheimdienstmaterial zu versorgen. Woodward bestätigte dies.

Haft

Am Tag des Nixon-Rücktritts wurde Vizepräsident Gerald Ford als neuer Präsident vereidigt. Er begnadigte Nixon bezüglich "aller Verstöße, die er gegen die Vereinigten Staaten begangen" habe. Weniger Glück hatten 50 Mitarbeiter Nixons, darunter seine engsten Berater John Ehrlichman, Bob Haldeman und John Dean, die zu Haftstrafen verurteilt wurden.

Nixon bezeichnete die Tat in seinen Memoiren als "idiotisch, da es bei den Demokraten nichts zu erfahren gab, was wir nicht gewusst hätten". Außerdem wäre sein Wahlsieg längst festgestanden. Während der Ex-Präsident lediglich zugab, an der Vertuschung der Tat beteiligt gewesen zu sein, nicht jedoch am Einbruch im demokratischen Hauptquartier, erklärte Bob Haldeman, sein Personalchef im Weißen Haus, der Präsident selbst hätte die kriminelle Aktion angeordnet.

Die Watergate-Affäre hat nicht nur Amerika verändert. Bob Woodward und Carl Bernstein haben eine neuen Berufsstand geschaffen, den des investigativen Journalisten, der Korruption und Machtmissbrauch aufdeckt. Auch in Österreich wären Fälle wie Androsch, Grasser oder Strasser ohne journalistische Aufklärungsarbeit nach dem Vorbild der beiden Watergate-Aufdecker wohl nicht bekannt geworden.

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