Der Tod lauert auf den Bergen
Wandern ist gesund, sagen die Ärzte. Es verbessert die körperliche und geistige Fitness, beugt Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor und verringert Depressionen. Wandern ist gefährlich, manchmal sogar tödlich, sagt die Statistik.
Im Jahr 2011 stiegen die Alpinunfälle eklatant an – von 7165 im Jahr 2010 auf 8180. Das ist der höchste Wert seit Beginn der statistischen Erfassung vor mehr als 20 Jahren. Jedes Jahr sterben in Österreichs Bergen 300 Menschen, die meisten tödlichen Unfälle passieren beim Wandern. Im vorigen Jahr waren es 111 Menschen.
Derzeit muss die Bergrettung oft mehrmals täglich ausrücken, um in Not geratenen Menschen zu Hilfe zu eilen.
Am Dienstag stürzte eine 62-Jährige in Osttirol 50 Meter ab und zog sich dabei schwere Verletzungen zu.
Einen Tag später fiel ein Neunjähriger bei der Burg Hohenwerfen (Salzburg) von einem Waldweg in die Salzach und wird seitdem vermisst.
Ebenfalls am Mittwoch verlor eine Deutsche auf einem eigentlich leichten Wanderweg im Kleinwalsertal in Vorarlberg das Gleichgewicht und stürzte über eine Felswand 30 Meter in die Tiefe. Sie starb an der Unfallstelle.
"Wir hatten heuer Wochen mit 40 Einsätzen", berichtet Maria Riedler von der Salzburger Bergrettung. Ursprünglich sei die Organisation entstanden, um in Not geratenen Bergkameraden zu helfen, "doch jetzt retten wir fast nur noch Touristen", sagt Riedler.
Boom
Tatsächlich sind immer mehr Menschen in den heimischen Bergen unterwegs. Was lange Zeit als verstaubte Art der Freizeitgestaltung galt, erlebt ein ungeahntes Comeback: Wandern boomt, sagen auch die Tourismusforscher.
Riedler: "Leider gibt es aber immer mehr Wanderer, die nicht wissen, worauf sie sich einlassen. In den Bergen kann immer etwas passieren." Viele Urlauber würden keinen Wetterbericht hören und ohne Wanderkarte aufbrechen. "Die rufen uns um Hilfe und haben oft keine Ahnung, auf welchem Berg sie eigentlich sind."
Auch beim Alpenverein, der landesweit 238 Schutzhütten betreibt und 40.000 Kilometer Wanderwege betreut, registriert man die zunehmenden Bergunfälle mit Besorgnis. Mangelndes Wissen, mangelnde Kondition und Selbstüberschätzung seien dafür die Ursachen. "Vor allem viele Männer sind zu ehrgeizig und gleichzeitig zu wenig fit, wenn sie in die Berge gehen", sagt Michael Larcher vom Alpenverein. 90 Prozent der Todesopfer beim Wandern sind Männer. Fast die Hälfte aller Todesfälle ist auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen (2011: 50 Tote).
Schlechte Ausrüstung ("Halbschuh-Tourist") sei in der Regel nicht mehr das Problem, vielmehr führe "fehlende Trittsicherheit" zum Stürzen, Stolpern und Ausrutschen – und in der Folge zum Tod.
Wetter
Einer der wichtigsten Faktoren ist aber das Wetter: Jedes Jahr verirren sich im alpinen Gelände 400 Menschen – sehr oft deshalb, weil sie von Unwettern überrascht werden. Das sollte dieses Wochenende nicht passieren: Es herrscht stabiles, sonniges Hochdruckwetter mit ausgezeichneter Fernsicht und kaum Gewittergefahr.
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