Der Preis der Schönheit

Symbolbild
Rasse mit Klasse oder wilde Mischung? Wer sich einen Hund zulegt, soll nicht nach dem Aussehen gehen.

Frisch gestriegelt, fesch gekampelt, rausgeputzt von Ohr bis Pfote: Von 18. bis 20. Mai zeigen sich bei der „World Dog Show 2012“ in Salzburg 18.607 Hunde von ihrer schönsten Seite. 139 Richter prämieren jene Vierbeiner, bei denen die rassetypischen Kennzeichen dem Ideal am nächsten kommen: Beim A wie Affenpinscher läuft z. B. die Schnauzpartie spitz zu ... Den Z wie Zwergspitz zeichnen u. a. die langen, weichen, lockeren Haaren aus.

Die Weltorganisation der Kynologie, die Fédération Cynologique Internationale, erkennt derzeit 339 (von rund 800) Hunderassen an. „In jeder Rasse gibt es definierte Standards. Bei den Bewertungen geht es um Schönheit, die Wesensfestigkeit und die Gesundheit der Tiere“, sagt Michael Kreiner, Präsident des Österreichischen Kynologenverbands und Mitveranstalter der Welt-Hunde-Schau.

KURIER-Tiercoach Dagmar Schratter steht Schönheitswettbewerben dieser Art skeptisch gegenüber. Die Direktorin des Tiergarten Schönbrunn erklärt, wie verlässlich Rassehunde sind und was den Reiz von Mischlingshunden ausmacht.

Zweck

Etwa 40 Prozent der Hunde in Österreich sind Rassehunde. „Hunderassen wurden früher für einen bestimmten Zweck gezüchtet. Sie waren Jagdhelfer oder Hüter. Heute wird eher ein Kult um Äußerlichkeiten betrieben“, sagt Schratter. Gesundheit und Vitalität bleiben dabei mitunter auf der Strecke. Dann muss Schönheit leiden: Die eingedrückte Nase macht Möpsen das Atmen schwer. Der abfallende Rücken sorgt beim Schäfer für Hüftschmerzen. Der Shar-Pei leidet unter den schweren, leicht entzündlichen Hautfalten. „Die genetische Isolation begünstigt Erbkrankheiten“, sagt der KURIER-Tiercoach. Und: „Qualzuchten sind hier per Gesetz verboten, man findet sie trotzdem an jeder Ecke.“

Auch Designerhunde, die rein auf Aussehen und in Hinblick auf finanzstarke Käufer gezüchtet werden, boomen. Auf Wunsch werden Labradoodle oder Cockerpoo gemischt. „Der Hund verkommt zur Handelsware“, lehnt Schratter diesen Trend aus den USA ab.

Selbstredend ist nicht jede Rasse überzüchtet, natürlich verursacht mancher Standard nur in extremer Ausprägung Probleme. Wer sich für eine robuste Rasse entscheidet, weiß, wie der Welpe im Erwachsenenalter aussehen wird und mit welchen Eigenschaften zu rechnen ist. Absolute Verlässlichkeit gibt es jedoch nicht. „Jeder Hund ist unverwechselbar. Individuelle Unterschiede sind meist größer als rassetypische Eigenheiten“, sagt die Expertin: „Darüber hinaus hängt ganz, ganz viel von der Erziehung ab.“

Auswahl

Der Preis der Schönheit

Bei der Neuanschaffung sollen nicht Äußerlichkeiten entscheiden, sondern die Rahmenbedingungen: Ein Bernhardiner wird in einem winzigen Zuhause unglücklich, ein Schweißhund braucht mehr Auslauf als ein Chow Chow. Ein Greyhound und ein bequemer Besitzer passen nicht zusammen.

Beim Mischling ist vieles möglich. Er ist keine Rasse, aber die meistverbreitete Art. Wer die Größe der Mutter kennt, kann Prognosen über das Wachstum des Welpen abgeben. Auch die Pfotengröße ist Indiz für die körperliche Entwicklung. Wer über die (Groß-)Eltern Bescheid weiß, kann versuchen, auf das Temperament des Tieres zu schließen. „Mischlinge können die positiven Eigenschaften beider Eltern vereinen oder die problematischen“, sagt Schratter. Fix ist nichts. Prinzipiell gilt jedoch: Zufällige Kreuzungen sind wegen der breiten genetischen Basis vitaler und gesünder als Rassehunde. Lang lebe die Promenadenmischung.

Wussten Sie, dass…

... verschiedene Kennzeichen zur Definition der 800 Rassen herangezogen werden? Das sind z. B. Körpergröße, Fellschläge, Farben der Fleckung. Die Zugehörigkeit einzelner Tiere zu einer Rasse wird über Ahnentafeln und Zuchtbücher dokumentiert.

... gezielt gekreuzte Rassen als Designerhunde eingestuft werden? Man nennt sie auch Hybridhunde.

... die gelenkte Jagdhundezucht im 13. Jahrhundert begann? Die Hunde sollten eine spezielle Aufgabe erfüllen. Im 19. Jahrhundert wurden viele neue Rassen gezüchtet – auch für Haus, Schoß und Schaukämpfe.

... die meisten Hunderassen aus Großbritannien stammen? Danach folgen mittel- und nordeuropäische Länder.

... nur wenige Teile des Erbguts verantwortlich sind für das breite Spektrum der rassetypischen Unterschiede? Etwa 50 molekulare Schalter auf wenigen Genen bestimmen Körpergröße, Haarlänge, Felltyp, Nasenform, Stellung der Ohren, Färbung und andere Merkmale. Dieser simple Schaltplan ist in der Natur außergewöhnlich.

World Dog Show: 18. bis 20. Mai

Schönheitswettbewerb Die „Welt-Hunde-Schau 2012“ – veranstaltet von der Federation Cynologique Internationale FCI und dem Österreichische Kynologenverband ÖKV – findet von 18. bis 20. Mai im Salzburger Messezentrum statt (5020 Salzburg, Am Messezentrum 1) – jeweils von 9 bis 17 Uhr. Die „World Dog Show“ gastiert damit nach 1996 in Wien zum zweiten Mal in Österreich.

Besucher Der Eintritt für Erwachsene kostet 10 €, ermäßigt 7 €, die Familientageskarte 20 €. Die Dreitageskarte ist jeweils doppelt so teuer. Die Veranstalter rechnen mit bis zu 40.000 Hundehaltern, Züchtern und Besuchern aus aller Welt.

Hunde Zugelassen sind Hunde ab sechs Monaten, die in ein von der FCI anerkanntes Stammbuch bzw. Register eingetragen sind, verboten sind Qualzuchten. Die Meldefrist ist bereits abgelaufen. Es werden 18.607 Vierbeiner erwartet. Besucherhunde sind erlaubt, benötigen aber einen gültigen Impfpass mit eingetragenem Tollwutschutz.

Infos Details im Internet unter http://worlddogshow.oekv.at/

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

Kommentare