Biedere Steirer unter Mafia-Verdacht
Im kleinsten aller Verhandlungssäle im Straflandesgericht Graz wutzeln sich am Dienstag die Leut'. 15 Angeklagte und ihre Verteidiger schwitzen: wegen der Hitze, aber auch wegen der scharfen Anklage. Sie waren Teil eines Gewinnerwartungssystems, das Staatsanwalt Konrad Kmetic als Pyramidenspiel sieht und als Verbrechen der kriminellen Organisation wertet. Wie gegen die Mafia.
Eine unscheinbare steirische Kosmetikvertreterin findet sich unter diesem schweren Verdacht ebenso wie biedere Angestellte und Pensionisten. Als Kopf wird ein 43 Jahre alter Deutscher geführt, der sogar in U-Haft sitzt. Immerhin geht es laut Anklage um das Verschieben von mehr als 4 Millionen Euro über diverse Firmen bis in die Schweiz. Wer in der Hierarchie ganz oben saß, als "general director" etwa, verdiente sich eine goldene Nase. Selbst die kleinen "advisors" stiegen mit einem Körberlgeld noch gut aus.
Lifestyle
Den kriminellen Schmäh sieht der Staatsanwalt so: Ein Einführungsseminar, wie man als Privatsparer, Lifestyle-Mensch oder Wirtschaftstreibender Gewinn machen und auf großem Fuß leben kann, kostete 5500 Euro. "Der Gutachter sagt, das Seminar war höchstens 1800 Euro wert." Im Schneeballsystem sollten immer neue Kunden angeworben werden, für die Provisionen kassiert wurden. Auch Vorträge über das ach so tolle Gewinnsystem brachten Bares.
"Verbrechen der kriminellen Organisation. Das ist der neue Modeparagraf der Staatsanwälte. Hier sitzen aber keine Mafiosi, keine asozialen Betrüger. Das sind alles unbescholtene Leute", alteriert sich Verteidiger Walter Choč. Mit diesem Paragrafen sei die Anklagevertretung schon beim Tierschützerprozess in Wiener Neustadt baden gegangen.
Der Prozess geht am 26. September in die zweite Runde.
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