Berufung: Pussy-Riot-Prozess vertagt

Berufung: Pussy-Riot-Prozess vertagt
Eine der Aktivistinnen will ihren Anwalt wechseln, der Prozess geht erst am 10.10. weiter. Die russisch-orthodoxe Kirche fordert Reue.

Ein Moskauer Gericht hat das Berufungsverfahren gegen drei Frauen der Polit-Punkband Pussy Riot überraschend auf den 10. Oktober vertagt. Die Richterin gab einem Antrag einer der inhaftierten Künstlerinnen statt, ihren Anwalt auszutauschen. Ihre Position stimme nicht mit der ihrer Verteidiger überein, sagte Jekaterina Samuzewitsch (30) am Montag im Gerichtssaal. Das Gericht muss entscheiden, ob die Verurteilung der Musikerinnen zu je zwei Jahren Haft nach einer Aktion gegen Präsident Wladimir Putin in einer Kirche rechtmäßig ist.

 

 

Buße

Im Fall der Punkband Pussy Riot hat die russisch-orthodoxe Kirche die drei inhaftierten Kritikerinnen von Kremlchef Wladimir Putin zur Buße aufgefordert. Diese Einsicht werde dann hoffentlich auch das Urteil des Gerichts beeinflussen, teilte Wladimir Legoida vom Moskauer Patriarchat am Sonntag mit. Das Moskauer Stadtgericht entscheidet am Montag über die Berufung der jungen Künstlerinnen gegen die Strafe von je zwei Jahren Straflager wegen Rowdytums aus religiösem Hass.

"Einmal mehr betonen wir, dass solche Aktionen, die Gefühle der Gläubigen beleidigen, verurteilt werden müssen und nicht ungestraft bleiben dürfen", hieß es nach Angaben der Agentur Interfax in der Stellungnahme. "Diese Position wird auch von der breiten Mehrheit unserer Mitbürger getragen."

Nadeshda Tolokonnikowa (22), Maria Aljochina (24) - beide Mütter kleiner Kinder - und Jekaterina Samuzewitsch (30) hatten am 21. Februar im Heiligtum der orthodoxen Kirche in Moskau mit einem Punkgebet gegen eine Rückkehr von Wladimir Putin in den Kreml protestiert. Mehrere Mitglieder von Pussy Riot sind auf der Flucht.

Kopfgeld

Die kremlnahe Jugendorganisation Naschi (Die Unsrigen) übergab der Polizei die Namen von sechs Frauen, die ebenfalls an der umstrittenen Aktion in der Erlöserkathedrale teilgenommen haben oder dazu interviewt werden sollen. Naschi-Mitglied Konstantin Goloskokow hatte für Hinweise auf die Identität der Aktivistinnen eine Prämie von 50.000 Rubel (1250 Euro) ausgesetzt.

Wegen der schrillen Aktion soll in der Staatsduma demnächst ein Gesetz verabschiedet werden, das die Verletzung religiöser Gefühle als Verbrechen bestraft. Vorgesehen sind Haftstrafen bis zu drei Jahre für Gotteslästerer und bis zu fünf Jahre für die Beschädigung von Heiligtümern vor.

Hochrangige russische Politiker warfen dem Westen vor, im Fall Pussy Riot voreingenommen zu sein. Die USA und einige EU-Mitglieder benutzten doppelte Standards, sagte Alexej Puschkow, der Chef des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma in Moskau. So hätten etwa die USA den Macher des islamfeindlichen Schmähvideos festgenommen, der wie Pussy Riot ebenfalls die Gefühle der Gläubigen beleidigt habe. Der russische EU-Botschafter Wladimir Tschischow kritisierte die Nominierung der Skandalband für den vom Europaparlament verliehenen EU-Menschenrechtspreis. Das Moskauer Stadtgericht lässt die Berufungsverhandlung live im Internet übertragen.

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