Berlusconi: "Würde schon heute aufhören"
Silvio Berlusconi gibt offen zu, amtsmüde zu sein: "Wenn ich könnte, würde ich schon heute aufhören." In einem Interview mit der Tageszeitung La Repubblica gab der 74-jährige Regierungschef überraschend bekannt, dass er 2013 "absolut nicht mehr" kandidieren werde. Er nannte auch gleich seinen Nachfolger: "Der Kandidat wird Alfano sein."
Justizminister Angelino Alfano wurde erst Anfang Juli zum neuen Chef der Berlusconi-Partei "Popolo della Libertà" (Volk der Freiheit) gewählt. Der 40-jährige Sizilianer gilt seit Jahren als enger Vertrauter und politischer Ziehsohn des Cavaliere. Mit 37 Jahren war er der bisher jüngste Justizminister in Italiens Geschichte.
Der Jurist erwies seinem Chef, den er stets mit "Presidente" anspricht, besondere Loyalität. Er war federführend an der Einführung der Immunitätsgesetze beteiligt, die Berlusconi vor Prozessen schützen sollten. Gegen den Premier laufen derzeit drei Prozesse, unter anderem wegen Korruption, Amtsmissbrauchs und Verführung einer Minderjährigen zur Prostitution.
"Engelchen"
Alfano, der auf den Vornamen "Engelchen" hört, gilt als ein Mann des Dialogs, der nun zwischen den zerstrittenen Fronten innerhalb der Partei vermitteln soll. Besonders die rechtspopulistische Lega Nord setzt die Mitte-Rechts-Regierung mit ihren Forderungen nach mehr Macht und Unabhängigkeit für Norditalien unter Druck. Sie verlangt die Dezentralisierung der Ministerien, die Beendigung des Libyen-Einsatzes und Mitsprache bei der Immigrationspolitik.
Auch die Kontakte zu Wirtschaftsminister Giulio Tremonti gelten als angespannt. "Ich halte ihn aus, weil ich ihn schon seit langer Zeit kenne. Er denkt, er ist ein Genie und dass alle anderen Trottel sind. Das ist sein Charakter", kritisierte Berlusconi den Minister aus seiner eigenen Partei PDL.
Alfano kann im Wahlkampf mit Unterstützung rechnen: "Ich werde Angelino helfen", versprach Berlusconi, "aber mit 77 Jahren kann ich nicht mehr Premier sein." Stattdessen werde er sich, der 2008 zum dritten Mal Regierungschef wurde, um den Aufbau einer europäischen Volkspartei in Italien bemühen.
Der Medienzar wies auch Spekulationen zurück, wonach er das Amt des Staatspräsidenten anstrebe. "Das ist nichts für mich, in den Quirinal (Sitz des Staatspräsidenten in Rom, Anm.) wird Gianni Letta einziehen. Er ist die geeignete Person dafür", so Berlusconi über seinen "unermüdlichen Arbeiter" Letta. Der Staatssekretär gilt als Berlusconis "rechte Hand" und genießt den Ruf, über großes diplomatisches Geschick zu verfügen.
Der 76-jährige Letta war in den vergangenen Jahren stets zur Stelle, um Berlusconis Fehltritte und Fauxpas auszubügeln. Selbst politische Gegner loben den Juristen, der seine Karriere als Journalist begann, für sein Stehvermögen, seine Diskretion und Zurückhaltung. Es ist nicht das erste Mal, dass Berlusconi laut über einen Rückzug nachdenkt. Nach seinen Sexskandalen, den Niederlagen bei den Regionalwahlen und der Volksabstimmung schlitterte er in ein Popularitätstief. Schon im Februar ließ er einmal anklingen, dass er sich aus der Politik zurückziehen werde.
-
Hauptartikel
-
Hintergrund
Kommentare