Zypern: Einigung näher denn je

Grenzzaun in Zypern
Nach über 40 Jahren Teilung laufen die Verhandlungen in Richtung Lösung.

Noch nie waren die Erwartungen so hoch wie jetzt, dass es nach mehr als vier Jahrzehnten zu einer Überwindung der Zypern-Teilung kommt. Die Bedingungen für eine Wiedervereinigung der Mittelmeerinsel seien "besser als je zuvor", gibt sich der UN-Sondergesandte Espen Barth Eide zuversichtlich. Nach 19 Monaten intensiver Gespräche startet heute, Montag, unter seiner Ägide eine neue Verhandlungsrunde in der Schweiz. Geht alles nach Plan, sitzen am Donnerstag neben den Volksgruppenführern hochrangige Vertreter der Schutzmächte Griechenland und Türkei sowie der früheren Kolonialmacht Großbritannien mit am Tisch.

Zypern: Einigung näher denn je
Turkish Cypriot leader Mustafa Akinci (L) faces Greek Cypriot leader Nicos Anastasiades (R), flanked by head of the United Nations Peacekeeping Force in Cyprus (UNFICYP) Elizabeth Spehar (2ndL) and Special Adviser to the United Nations Secretary-General on Cyprus Espen Barth Eide (3rdL) during Cyprus Peace Talks on November 20, 2016 in Mont-Pelerin, western Switzerland. Rival Cypriot leaders resume UN-backed talks on November 20 aimed at resolving four decades of division on the Mediterranean island with hopes of a breakthrough high but a key territory dispute unsettled. / AFP PHOTO / FABRICE COFFRINI
Die Vorbereitungen dazu liefen in den vergangenen Wochen auf Hochtouren. Der griechische Premier Alexis Tsipras informierte die EU-Partner über den Stand der Dinge; sein Außenminister den neuen UN-Generalsekretär Antonio Guterres. Zumindest ein "Rahmen" für eine Lösung sollte nach Einschätzung des Norwegers Eide gezimmert werden können.

Wo verläuft die Grenze?

Angepeilt wird ein föderaler Staat mit zwei Bundesländern. Damit ist der erste Knackpunkt vorgegeben: Wie viel Terrain des seit 1974 von türkischen Soldaten besetzten nördlichen Inselteils geht an die griechische Seite? Die griechischen Zyprioten wollen natürlich, dass möglichst viele griechische Zyprioten unter eigener Verwaltung in ihre Häuser zurückkehren können. Eine entsprechende Karte hat die griechisch-zypriotische Zeitung Politis veröffentlicht (siehe Grafik). Genau so klar ist, dass die türkische Seite das nicht so einfach akzeptieren wird.

Der nächste Knackpunkt ist die Frage des Eigentums. 1974, nach griechischem Putsch und der türkischen Militärintervention auf der Insel, mussten 160.000 griechische und 40.000 türkische Zyprioten aus ihren Dörfern und Städten fliehen. Allein die Entschädigungen für jene, die umgesiedelt werden müssten oder die nicht in ihre Häuser zurückkehren können, werden heute auf mehr als zehn Mrd. Euro geschätzt.

Entspannung erwarten sich die Zyprioten aber aus den reichen Erdgasvorkommen, die unter dem Meeresboden im Süden der Insel schlummern. Ab 2018 soll Erdgas gefördert werden.

Zypern: Einigung näher denn je
Woraus nährt sich der Optimismus auf eine Verhandlungslösung? Wie aus Diplomatenkreisen sickerte, drängen vor allem die türkischen Zyprioten wegen der zunehmenden Islamisierung ihrer Schutzmacht Türkei auf eine Wiedervereinigung der Insel.

Volksabstimmungen

Die Zeit drängt auch durch die von Ankara betriebene Ansiedlung von Festlandtürken auf der Insel. Muss doch jede politische Lösung in beiden Inselteilen in getrennten Volksabstimmungen abgesegnet werden. 2004 ist das schon einmal schiefgegangen: Damals stimmte der türkische Norden für den UN-Wiedervereinigungsplan, der griechische Süden aber dagegen – aus Misstrauen gegenüber Ankara.

Die Türkei pocht auf ihren Schutzmachtstatus und will den Einfluss auf die strategisch wichtige Insel im Mittelmeer nicht so leicht aufgeben. Dafür bedarf es eines sehr guten Angebots an Ankara – und das könnte von der EU kommen. Konkret: Wenn die türkische Regierung die Republik Zypern, seit 2004 EU-Mitglied, anerkennt, müssten deshalb blockierte Kapitel der Beitrittsverhandlungen geöffnet werden. Dazu gehören Kapitel zum Warenverkehr, zum Dienstleistungsverkehr, der Zollunion und auch zum Vergaberecht.

Allerdings: Aufgrund des repressiven Vorgehens der türkischen Führung gegen Opposition und Medien in den vergangenen Monaten liegen die EU-Verhandlungen mit der Türkei auf Eis. Ein Ringen zwischen Ankara und den EU-Regierungen ist zu erwarten.

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