Zuspruch für Maduro bröckelt
Juan Guaido gibt sich zuversichtlich: Inmitten Tausender Anhänger verkündete der Interimspräsident seinen Fahrplan für die nächsten Tage. Friedliche Demonstrationen, Bürgerversammlungen, Überzeugungsarbeit bei den Militärs. Und er ruft ihnen zu: „Bleibt friedlich.“ Der Aufstieg des 35-jährigen Ingenieurs zum Hoffnungsträger der Opposition geht rasend schnell.
In der vergangenen Woche hatte sich Guaido als Interimspräsident vereidigen lassen. Seine Begründung: Die neue Amtszeit von Nicolas Maduro, die mit dem neuen Amtseid am 10. Januar begann, ist wegen Wahlmanipulation und dem Ausschluss der Opposition irregulär. Folglich stehe das Land führungslos und brauche einen Übergangspräsidenten, der Neuwahlen vorbereite. Die Europäische Union, die USA und zahlreiche lateinamerikanische Länder wie Brasilien, Argentinien, Chile oder Kolumbien folgen dieser verfassungsrechtlichen Argumentation.
Parlament entmachtet
Venezuelas Sozialisten fürchten genau diese freien Wahlen. Der letzte wirklich freie Urnengang endete Ende 2015 mit einem Debakel für Maduros Sozialisten.
Fast zwei Drittel der Venezolaner gab der Opposition ihre Stimme. Doch Maduro ignorierte den Wählerwillen, entmachtete später das Parlament und ersetzte es durch eine linientreue verfassungsgebende Versammlung, die alle Kompetenzen des regulären Parlaments an sich zog.
Inzwischen hat Venezuela zwei Präsidenten, zwei Parlamente, zwei Generalstaatsanwälte, zwei oberste Gerichte – aber kaum eine Zukunft. Venezuelas Außenminister Jorge Arreaza, ein Schwiegersohn von Hugo Chavez, sieht eine internationale Verschwörung gegen sein Land. Venezuela werde sich „von niemandem jegliche Entscheidung oder Ordnung aufzwingen lassen“, sagte Arreaza im UN-Sicherheitsrat.
Arreaza fragte, an welcher Stelle die venezolanische Verfassung einer Einzelperson erlaube, sich zum Präsidenten zu erklären, wie es Parlamentschef Guaido am Mittwoch getan hatte. „Zeigen Sie mir es! Zeigen Sie mir es!“, rief er. „Der Name des Präsidenten lautet Präsident Maduro.“ Die nächsten Tage könnten über das weitere Schicksal des Landes entscheiden. Der Zuspruch für Maduro in den eigenen Reihen bröckelt. Ein venezolanischer Militärattaché in den USA sagte sich von Maduro los.
Venezuela-Krise: Zwei Präsidenten und viele Tote
Genau diesen Weg verfolgt Guadio: Die Militärs sollen sich vom Präsidenten lossagen und so einen friedlichen Neuanfang möglich machen. Und er macht verlockende Angebote: Für Militärs, die ihre Unterstützung Maduros zurückziehen, soll es Amnestie geben. Auch Maduro selbst unterbreitete er dieses Angebot. Es kann allerdings auch ganz anders kommen: Seit Jahren verfügen die Sozialisten über ein ganzes Heer an bewaffneten Milizionären, die die Revolution verteidigen sollen. Ursprünglich gegen eine Militärinvasion der USA, doch die Gringos kamen nie.
Und so entwickelten sich diese einst vom inzwischen an Krebs verstorbenen Revolutionsführer Hugo Chavez gegründeten Milizen zu einer Art Privatarmee der Sozialisten, die im eigenen Land gegen Regierungsfeinde eingesetzt werden und bisweilen vollkommen unkontrolliert auf eigene Faust agiert.
Bislang zählten NGOs mehr als 30 Tote und Hunderte Verhaftungen seit Ausbruch der Proteste. Und bislang haben die Sozialisten diese Spezialkräfte noch gar nicht so richtig von der Kette gelassen.
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