„Zuerst die Italiener“: EU besorgt

Geplante Steuererleichterungen, höhere Sozialausgaben, mehr Schulden alarmieren auch Investoren

Als größte „politische Neuigkeit der letzten Jahre“ verkaufen die Wahlsieger, Lega-Chef Matteo Salvini und Fünf-Sterne-Spitzenkandidat Luigi Di Maio, den italienischen Regierungsvertrag. Die intensiven Verhandlungen über das „Programm der Veränderung“ gehen in die Endphase. Die Tageszeitung La Repubblica stellte den 40 Seiten langen Entwurf bereits online.

Bis zum Wochenende wird weiter nach einem geeigneten Premier, der vermutlich aus der Grillo-Bewegung stammen wird, und nach passenden Ministern gesucht. Die rechtspopulistische Lega pocht auf das Innenministerium. Salvini kann es kaum erwarten – wie er bei seinen Wahlkampf-Auftritten ankündigte – endlich für „Ordnung und Sicherheit“ zu sorgen. Hunderttausende „illegale Einwanderer“ ohne Aufenthaltsstatus sollen abgeschoben und die Grenzen dicht gemacht werden.

Die Ziele der rechten Lega und der populistischen Fünf Sterne sorgen in Brüssel bereits vorab für großes Unbehagen. Die beiden Parteien fordern von der Europäischen Zentralbank einen Erlass des Schuldenberges von 250 Milliarden Euro. Derzeit liegt die Gesamtverschuldung des Landes bei 2,3 Billionen Euro. Der Plan Italiens Euro-Mitgliedschaft in Frage zu stellen – wie es in einem ersten Entwurf des Regierungsprogramms vorgesehen war – wurde von Salvini und Di Maio dementiert.

Auch wenn der Euro-Austritt fürs Erste vom Tisch ist, blickt man angesichts der bevorstehenden politischen Kehrtwende sorgenvoll nach Rom. Investoren sind angesichts der geplanten Steuersenkungen und Sozialausgaben in Milliardenhöhe besorgt. Fixer Bestandteil im „Programm zur Erneuerung Italiens“ dürfte die Einführung einer Flat Tax, eines Wahlversprechens der Lega, sein. Dabei werden Einkommen bis 80.000 Euro mit 15 und alle höheren Einkommen mit 20 Prozent versteuert.

Die Fünf Sterne konnten sich mit ihrem Steckenpferd, der Einführung eines Grundeinkommens, durchsetzen – ein Teil davon soll aus dem EU-Sozialfonds bezahlt werden. Beide Koalitionspartner sind sich über die Abschaffung der umstrittenen Pensionsreform von Ex-Premier Monti, bei der das Pensionsantrittsalter auf 67 Jahre angehoben und die Renten gekürzt wurden, einig.

Laut Kalkulationen der Mailänder Wirtschaftszeitung Il Sole 24 Ore würden die angekündigten Vorhaben der Fünf-Sterne-Lega-Koalition das Staatsbudget mit 80 Milliarden Euro Schulden belasten. EU-Staatssekretär Sandro Gozi warnt davor, dass die Abschaffung der Pensionsreform sowie die Einführung der Mindestsicherung mit einem Verbleib in der EU unvereinbar seien. Doch sowohl Salvini als auch Di Maio zeigen sich von der Kritik unbeeindruckt. „,Zuerst die Italiener’, ist unser Slogan“, so Salvini.

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