Zu nahe an IS? Islam-Video irritiert die Schweiz
Der Mann ist vermummt, er trägt eine weiße Flagge mit schwarzer Aufschrift: „Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet.“ Es ist das islamische Glaubensbekenntnis, das auf der Fahne zu lesen ist. Das wäre an sich noch nicht ungewöhnlich – eigenartig wirkt an dem Video nur, dass der Vermummte vor einer Schweizer Bergkulisse steht.
Dort wurde das Video auch gedreht: Nahe Luzern hat der Schweizer Islamische Zentralrat, kurz IZRS, die Aufnahmen gemacht. Das Video, das sich in englischer Sprache an die in der Schweiz lebenden Muslime richtet, sorgt bei den Eidgenossen für höchste Irritationen, wie Schweizer Medien berichten. Es erinnere nämlich an die Symbolik, mit der der Islamische Staat (IS) arbeitet.
"Erwartet uns! Jederzeit. Überall"
„Ihr könnt unsere Minarette verbieten, unsere Kopftücher und Schleier, sogar unsere Konferenzen. Ihr könnt unsere Religion gewalttätig nennen, rückwärtsgewandt, nicht der Schweiz zugehörig“, so der gesprochene Begleittext. „Doch ihr sollt wissen, dass wir hier sind, Teil der Realität. Wir werden weder weichen noch werden wir auf unsere Rechte und auf den friedlichen Kampf für die Gleichberechtigung verzichten. Freiheit und Toleranz ist alles, was wir einfordern. Erwartet uns! Jederzeit. Überall.“
Dass gerade die letzten Worte wie eine Drohung verstanden werden, scheint naheliegend. Schlussendlich ruft das Video dann auch eine Revolution aus: Um überleben zu können, verließen wir unsere Häuser, von der Ausrottung bedroht. Jetzt sind wir nicht nur zu einem Baum, sondern zu einem ganzen Wald geworden. Stark, unzerbrechlich. Der Beginn einer islamischen Revolution, die die Welt verändern wird."
Bewusste Wahl
Die Flagge, die der Hauptdarsteller verwendet, erinnere an die Flagge der IS-Milizen, nur mit umgekehrter Farbwahl, wird moniert. Dass dies intendiert gewesen sei, verneinen die Initiatoren: Man habe demonstrativ die weiße Friedensflagge und nicht die schwarze IS-Flagge im Film verwendet, sagt etwa ein IZRS-Sprecher der deutschen Zeitung Welt. Auch der Aufruf zur Revolution sei ein friedlicher.
„Der Film soll die grassierende Islamophobie in der Schweizer Gesellschaft dramaturgisch zugespitzt zum Thema machen“, schreibt ein Vertreter des Vereins auf der Homepage – Anlass dazu sei das in der Schweiz erlassene Minarett-Verbot. Die Empörung in den Medien könne man nicht nachvollziehen.
Umstrittener Verein
Das Problem dabei ist nur, dass der IZRS in der Schweiz kein unbeschriebenes Blatt ist: Der Verein stand unter Beobachtung des Schweizer Nachrichtendienstes, moderate Muslime distanzieren sich von ihm. Valentina Smajli, Vizepräsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam, sagte der Neuen Luzerner Zeitung, dass der Verein regelmäßig Radikale aus dem In- und Ausland zu Referaten und Auftritten eingeladen würde. "Diese Aktivitäten bilden den Nährboden für totalitäre und menschenfeindliche Ideologien."
Das Video, sagen Vereinsvertreter in der Neuen Luzerner Zeitung, sei eine Werbebotschaft, die im Vorfeld der Jahreskonferenz der Vereinigung gedreht wurde. Die hätte am 29. November stattfinden sollen – sie wurde allerdings aus Angst vor Gewaltausbrüchen und Gegendemos von den Behörden untersagt.
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