Zarte Hinweise auf Begnadigung Timoschenkos

Zarte Hinweise auf Begnadigung Timoschenkos
Vor Abkommen mit der EU wird über die Ausreise der Oppositionspolitikerin verhandelt.

Wenn es nur so einfach wäre: „Der Mechanismus“, so der Oppositionspolitiker Arseni Jarzenjuk in einem TV-Interview, „ist ganz simpel: eine Füllfeder, ein Blatt Papier, ein Dekret des Präsidenten der Ukraine, durch das Timoschenko begnadigt wird. Unterschrift: Viktor Janukowitsch. Erledigt.“ Etwas, wozu sich der ukrainische Präsident seit zwei Jahren nicht durchringen kann. Jetzt kommt aber Bewegung in die Angelegenheit.

Seit zweieinhalb Jahren sitzt die ukrainische Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko – die wichtigste Oppositionsfigur gegen Präsident Janukowitsch – in Haft. Im September 2011 war sie zu sieben Jahren Haft wegen Amtsmissbrauchs in einem Verfahren verurteilt worden, das der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als „ungesetzlich und willkürlich“ kritisiert. Die EU hat Timoschenkos Freilassung zur Bedingung für den Abschluss eines Assoziierungs- und Freihandelsabkommens mit Kiew gemacht. Dessen Unterzeichnung steht jetzt an. Seit Dezember 2011 sind die Verhandlungen über das Abkommen abgeschlossen. Beim Gipfel der Östlichen Partnerschaft im November in Vilnius soll es – so der Plan – unterzeichnet werden.

Ärtzliche Behandlung

Im Raum steht jetzt ein Angebot Deutschlands, das Janukowitsch erlauben könnte, gesichtswahrend aus der Timoschenko-Affäre herauszukommen. Der Plan sieht vor, dass Timoschenko zu medizinischer Behandlung (wegen eines Rückenleidens) die Ausreise nach Deutschland gewährt wird. Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle nutzte seinen Besuch in Kiew jetzt dazu, diesen Plan voranzutreiben. Timoschenko selbst hat das Angebot bereits angenommen, zugleich aber bekräftigt, dieses nicht als Rutsche in den politischen Ruhestand nutzen zu wollen.

Eine öffentliche Reaktion Janukowitschs gibt es nicht. Jedoch Zeichen, dass er den Plan in Betracht ziehen könnte. In der Vorwoche feuerte er den leitenden Staatsanwalt in allen Timoschenko-Verfahren, Rinat Kusmin. Kusmin wurde in den Nationalen Sicherheitsrat berufen, laut Beobachtern ein gut dotiertes Abstellgleis. Eines, dass es Janukowitsch erlauben könnte, das eingangs erwähnte Dekret zu verfassen.

Kusmin galt als öffentliches Gesicht der Strafverfolgung Timoschenkos. Es war aber auch Kusmin, der wiederholt angedeutet hatte, dass die Generalstaatsanwaltschaft in Sachen Timoschenko keineswegs unabhängig, sondern auf Impulse von oben agiere.

In die Kalkulationen der Regierung in Kiew fallen aber auch russische Ansinnen. Russland hätte die Ukraine gerne in seinem eigenen Freihandelsprojekt dabei: der Zollunion zwischen Russland, Kasachstan und Weißrussland. Aus Moskau kamen zuletzt unmissverständliche Drohungen, dass man den eigenen Wirtschaftsraum durch protektionistische Maßnahmen schützen werde, sollte die Ukraine das Abkommen mit der EU abschließen. Solche Maßnahmen würden der ukrainischen Wirtschaft schwer zusetzen. Die ukrainische Bevölkerung dagegen favorisiert aber überwiegend eine Anbindung an die EU.

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